Full text: Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche.

Einleitung; Wirtschaft. § 2. 7 
zugewinnen (intensive Wirtschaft). — Die aus einer bestimmten Quelle 
gewonnenen Güter bilden den Ertrag, nach Abzug der Gewinnungskosten 
den Reinertrag.5) 
1. Die Natur — die lebende (organische) wie die leblose (unorganische) 
— liefert Stoffe und bewegende Kräfte. Die Naturkräfte sind zum Teil 
schon ohne menschliche Einwirkung nutzbar (Klima, Wetter); zur unmittel- 
baren Güterquelle werden sie aber erst, wo die menschliche Arbeit sie nutzbar 
macht. Mit der höheren Kultur steigt die Herrschaft des Menschen über 
die Natur. Der Reinertrag des Grund und Bodens heißt Grundrente. 
Ihr Wert wird durch die Lage und Beschaffenheit der Grundstücke be- 
dingt. Sie wird bei verbesserten Verkehrsmitteln durch vermehrten Absatz 
gesteigert, durch vermehrten Mitbewerb aber auch wieder verringert.“) 
2. Die Arbeit zerfällt in geistige und körperliche, ferner in gemeine 
Handarbeit und in die gelernte Arbeit der Handwerker, Techniker und 
Leiter. Jede nützliche Arbeit wirkt erzeugend.?!) — Die mechanische Hand- 
habe des Arbeiters ist das Werkzeug, das bei Mitwirkung der Naturkräfte 
zur Maschine wird. Die Maschine arbeitet billiger und zugleich regel- 
mäßiger und kräftiger. Sie verrichtet Arbeiten, die dem Arbeiter schwierig 
oder ganz unmöglich sein würden. Einen weiteren Fortschritt in der Ent- 
wickelung der Arbeit bildet die Arbeitsteilung, die innerhalb einer 
Arbeitsstätte oder zwischen mehreren Arbeitsstätten stattfinden kann. Sie 
fördert die Ausbildung des Arbeiters für eine bestimmte Tätigkeit, er- 
möglicht die Berücksichtigung seiner besonderen Fähigkeiten und Kennt- 
5) Die in einer Person vereinigten Er- 
träge bilden deren Einkommen (Rein- 
einkommen). Gegensatz von Ertrag und 
Einkommen bei der Besteuerung § 137 
Abs. 3 d. W. 
6) Einige Volkswirte wie Carey u. 
Bastiat führen den Grundertrag auf 
den Arbeits= u. Kapitalaufwand beim 
Bodenanbau zurück u. erkennen demge- 
mäß eine besondere Grundrente nicht an. 
Zu dem gleichen Ergebnisse gelangt der 
Sozialismus, der nur die Arbeit als 
gütererzeugend ansieht. Demgegenüber be- 
gründen Ricardo (§ 3 Anm. 5) und 
v. Thünen (in dem Werke „Der isolierte 
Staat“. 1826, 3. Aufl. v. Schuhmacher 
Berl. 75/6) ihre Grundrentenlehre mit 
dem ungleichen Ertrage des Bodens bei 
gleicher Arbeits= u. Kapitalaufwendung. 
Der geringste Boden deckt nur die Er- 
zeugungskosten u. wirft keine Grund- 
rente ab; diese besteht in dem Mehr- 
ertrage des besseren Bodens über die Er- 
zeugungskosten hinaus. Roscher verweist 
für das Vorhandensein einer besonderen 
  
Grundrente auf das Beispiel einer neu 
entstehenden fruchtbaren Insel. 
7) Gegenüber der beschränkten Auf- 
fassung des Merkantil- u. des physio- 
kratischen Systems hat erst Ad. Smith die 
Bedeutung der Arbeit in das rechte Licht 
gesetzt § 31—3) und die Gütererzeugung 
auf die drei Quellen der Natur, der 
Arbeit u. des Kapitals zurückgeführt. 
Unter diesen kam ursprünglich — so 
lange der nutzbare Boden noch unbe- 
schränkt vorhanden u. das Kapital noch 
nicht gebildet war — nur die Arbeit in 
Frage. Auch später blieb sie die wich- 
tigste Güterquelle, da Bodenkraft und 
Kapital erst durch sie nutzbar werden. 
Daß neben dieser unmittelbaren Er- 
zeugung auch mittelbar die Erfindungen 
u. die persönlichen Dienste der Be- 
amten u. Soldaten fördernd mitwirken, 
haben insbesondere J. B. Say u. Roscher 
nachgewiesen. Der Sozialismus erkennt 
im wesentlichen nur die Handarbeit als 
Güterquelle u. Wertmaßstab an. Die 
höhere Arbeit läßt er nur als verviel- 
fachte einfache Arbeit gelten.
	        
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