Full text: Handbuch der Verfassung und Verwaltung in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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Das Deutsche Reich; Verfassung. 8 13. 
2. Bayern und Württemberg verwalten unbeschadet einzelner, durch 
die Reichsgesetzgebung festgestellter Grundsätze das Post= und Tele- 
graphenwesen selbständig.20) 
3. Beide Staaten genießen in betreff des Militärwesens einzelne Aus- 
nahmerechte. #) 
4. Auf Bayern ist die Gesetzgebung über Heimat= und Niederlassungs- 
wesen nicht anwendbar, :22) die über das Eisenbahnwesen findet nur 
beschränkte Anwendung.-3) 
Sachlichen Beschränkungen unterliegt die Zuständigkeit des Reichs 
an sich nicht. Es kann sein Tätigkeitsgebiet erweitern (§ 7 Abs. 1) 
und sich auf diesem völlig frei bewegen, insbesondere neben der Gesetz- 
gebung auch die Vollziehung in Verwaltung und Rechtspflege über- 
nehmen. Tatsächlich hat indes das Reich von dieser Befugnis nur 
beschränkten Gebrauch gemacht und sich der einzelnen Gegenständc in 
sehr verschiedenem Umfange bemächtigt: 
1. Vollständig oder doch nahezu vollständig sind nur wenige Ver- 
waltungszweige vom Reich in Anspruch genommen (auswärtige, 
Marine-, Post= und Telegraphenangelegenheiten und die Reichs- 
bank). 
2. Auf anderen Gebieten hat das Reich sich auf die Gesetzgebung be- 
schränkt und die Verwaltung und Rechtsprechung den Landesbehörden 
entweder ganz überlassen oder nur einzelne Zentralbehörden im 
Interesse einheitlicher Handhabung der gegebenen Grundsätze ge- 
schaffen (Reichsgericht, Bundesamt für Heimatwesen, Aufsichtsamt 
für Privatversicherung, Reichspatentamt, Reichsversicherungs- 
amt, Reichseisenbahnamt). 
3. Auch die Gesetzgebung hat endlich das Reich nicht überall vollständig 
übernommen, sich vielmehr verschiedentlich auf die Aufstellung der 
Hauptgrundsätze beschränkt und deren weitere Ausführung der 
Landesgesetzgebung überlassen. Die Reichsgesetze erlangen in diesen 
Fällen erst durch die Ausführungsgesetze der Einzelstaaten praktische 
Anwendbarkeit. 
Die Zuständigkeiten des Reichs gewähren hiernach ein ziemlich buntes 
Bild und folgen keinem festen System. Der Grund liegt in der Art ihrer 
Entstehung. Den Einzelstaaten sollten alle der gemeinsamen Regelung be- 
dürftigen Gegenstände, aber nur diese entzogen werden. Nicht theoretische, 
sondern rein praktische Erwägungen haben das Reich ins Leben gerufen 
und weitergebildet, und dieser Systemlosigkeit verdanken die Reichseinrich- 
tungen zum großen Teil ihre schnelle Entwickelung. 
20) Verf. Art. 4 10 u. 52. 22) Verf. Art. 41. Einführung des G. 
21) Das. Schlußbest. z. Abschn. XX — üb. den Unterstützungswohnsitz (8 283 
7 90 Abs. 3 u. 4 d. W. Anm. 2 d. W.). 
23) Verf. Art. 45 u. 46 Abs. 2.
	        
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