Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

110 8 15. Personal= und Realunion. 
e. Preußen und Lanenburzg. 
Das Herzogtum Lauenburg war im Wiener Frieden (1864) 
mit Schleswig-Holstein in das Kondominat von Osterreich und 
Preußen übergegangen. Durch die Gasteiner Konvention 
(14. August 1865) wurde es gegen eine Entschädigung von 
1 875 000 Vereinstalern von Österreich an Preußen übereignet. 
Hier blieb es zunächst in einer Art von Personalunion mit 
Preußen, dem es erst 1876 einverleibt wurde (S. 530). 
8. Personalunion kraft sonstiger Ereignisse. 
a. Belgien und Kongostaat. 
Diese Personalunion bestand seit der Entstehung des Kongo- 
— (1. August 1885) bis zu seiner Einverleibung in Belgien 
(1905). 
b. Sachsen und Polen. 
Diese Personalunion beruhte auf der Wahl des Kurfürsten 
August des Starken von Sachsen zum König von Polen (1697,) 
und endete mit dem Verzicht seines Sohnes Augusts II. auf den 
polnischen Thron im Frieden von Altranstädt (1706). 
2. Bei der Realunion 
(der societas vergleichbar) ist die Verbindung eine 
absichtliche und auf einem Rechtsgrunde be- 
ruhend, der alle Beteiligten bindet, also in der 
Regel auf einem Vertrage; denkbar ist aber auch Gewohn- 
heitsrecht sowie die Anordnung eines den Beteiligten 
übergeordneten Staatswesens. Nicht genügend ist die Ver- 
einigung auf Grund gleichlautender Einzelgesetze, auch 
nicht der Verfassungen; denn ein Staatsgesetz kann von 
jedem Beteiligten selbstherrlich geändert werden. 
Realunionen in der Geschichte und der Gegenwart. 
a. Osterreich-Ungarn. 
Zwischen Österreich und Ungarn bestand zunächst Personal- 
union, seit dem Preßburger Reichstag von 1687, unter Leo- 
pold l., auf welchem die Erblichkeit der ungarischen Kronc in 
der Habsburgischen Dynastie anerkannt wurde. Ob durch die 
vom ungarischen Reichstag 1723 anerkannte pragmatische Sank- 
tion (S. 73) das Verhältnis sich zur Realunion umgestaltete, 
ist streitig. In Verfolg der ungarischen Erhebung von 1848 
(Kossuth), die mit russischer Hilfe niedergeworfen wurde, wurde 
Ungarn zunächst österreichisches Kronland. Nach dem Prager 
Frieden (1866) wurde durch den „Ausgleich“ (Deak, An- 
drassy) von 1867 die Selbständigkeit Ungarns wieder hergestellt. 
Seither ist Osterreich mit Ungarn also auf Grund vertragsmäßiger 
Abmachungen durch Realunion verbunden. Gewisse Angelegen- 
heiten, insbesondere das stehende Heer (nicht aber die Landwehr, 
in Ungarn Honved) sind gemeinsam; es besteht außerdem ein
	        
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