Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

112 § 15. Personal= und Realunion. 
schaftsrecht der Einzelstaaten, nicht aber der Union ge- 
geben. Die Einzelstaaten können auch, (es sei denn, daß 
sie absolute Monarchien sind) mit einander Krieg führen 
und Verträge schließen. 
2. Gemeinsame Organe — abgesehen vom Mo- 
narchen, dessen Organstellung aber in jedem der Staaten 
eine selbständige ist —, bestehen nicht. 
c. Die Realunion 
fa:t die vereinigten Staaten zu einer völkerrechtlichen 
(nicht etwa einer staatsrechtlichen, S. 117, Unterschied vom. 
Bundesstaat) Einheit zusammen. Die völkerrechtliche 
Rechts= und Handlungsfähigkeit steht grundsätzlich nur 
der Union zu. 
1. Ein Krieg zwischen den real-unierten Gliedstaaten 
ist daher unmöglich. 
Unter den deutschen Bundesstaaten wäre eine Realunion 
— soweit landesverfassungsmäßig zulässig (S. 529) — denkbar, 
aber zwecklos, da die Herstellung einer völkerrechtlichen Ein- 
heitspersönlichkeit wegen der völkerrechtlichen Vertretung der 
Bundesstaaten durch das Reich (S. 281) keine Bedeutung hätte. 
Rechtlich unzulässig wäre aus gleichem Grunde eine Realunion 
zwischen einem Bundesstaat und einem fremden Staat, während. 
eine Personalunion rechtlich zulässig, wenngleich politisch ge- 
fährlich wäre. - 
2. Es bestehen zuweilen auch — abgesehen vom Mo— 
narchen — gemeinsame Organe. Eine solche Realunion 
nähert sich dann aber dem Staatenbund (S. 118). Für 
die der gemeinsamen Regelung nicht unterworfenen An— 
gelegenheiten besteht allerdings bisweilen auch völker- 
rechtlich Selbständigkeit. 
In ÖOsterreich-Ungarn z. B. sind seit dem Aus- 
gleich von 1867 (S. 110) gemeinsame Organe („K. u. K.“ Be- 
hörden, nämlich Kaiserlich-österreichische und Königlich-ungarische), 
vorhanden für das Heer (mit Ausnahme der Landwehr in Oster- 
reich und der entsprechenden Honved in Ungarn), die Kriegsflotte 
und die auswärtigen Angelegenheiten. Das hierfür erforderliche 
gemeinschaftliche Budget wird in Delegationen, d. h. Ab- 
ordnungen des österreichischen Reichsrats und des ungarischen 
Reichstags festgestellt, die gesondert tagen und nur bei Meinungs- 
verschiedenheiten zusammentreten. Beide Staaten sind durch 
einen zehnjährigen, zuletzt 1908 bis Ende 1917 erneuerten, Aus- 
gleich zu einem einheitlichen Zoll- und Handelsgebiet verbunden, 
das aber mit der Realunion nicht identisch ist, sondern auf dem.
	        
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