Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

122 § 17. Staatenbund und Bundesstaat. 
abschließen. Ihre völkerrechtliche Rechts= und Handlungs- 
fähigkeit pflegt aber zu einem erheblichen Teil auf den 
BöSt. überzugehen (z. B. RV. Art. 11, 54, 56). 
d. Im Böt. sind hiernach die Staatsgenossen einem 
doppelten imperium: dem des Böt. und dem 
ihres Heimatstaates, unterworfen. Die im Einzelstaat 
diesem allein zustehenden Hoheitsrechte sind im Böt. 
zwischen diesen und den Gliedstaaten geteilt. Wie diese 
Teilung erfolgt, ergibt die Bundesverfassung. Im Gegen- 
satz zum Staatenbund (S. 119) hat der Bundesstaat aber 
die Kompetenz-Kompetenz (z. B. N. Art. 78); 
d. h. er kann im Wege der Bundesgesetzgebung 
die Bundesverfassung ändern und die Bundeszuständigkeit 
erweitern. Hierzu bedarf es nicht der einstimmigen An- 
nahme dieser Erweiterung durch die gesetzgebenden Fak- 
toren der Bundesstaaten; sondern es genügt, wenn die 
gesetzgebenden Faktoren des BöSt. selbst in den für ihre 
Beschlußfassung vorgeschriebenen Formen, also durch 
Mehrheitsbeschluß, die Zuständigkeitserweiterung be- 
schließen. 
Beei der Teilung der Hoheitsrechte zwischen BSt. und 
Gliedstaaten — die man selbst wieder als Bundesstaaten zu 
bezeichnen pflegt (vgl. z. B. R. Art. 3, 75, 76, 77, 781II) 
— handelt es sich nicht um eine subjektive Teilung der 
Staatsgewalt, die immer „une et indivisible“ ist (S. 32), 
sondern um eine objektive Abgrenzung der Betätigungs- 
felder. Nur muß das einzelne Bundesglied sich mit dem 
begnügen, was der BSt. ihm übrig läßt und ist — in- 
folge der dem BöSt. zustehenden Kompetenz-Kompetenz 
— der Aufrechterhaltung dieses seines Betätigungsfeldes 
niemals sicher. Darin zeigt sich vor allem die Unselbstän- 
digkeit der Bundesglieder: die höchste Gewalt hat nur 
der BöSt.; denn er kann alle anderen Staatsgewalten 
im Wege der Bundesgesetzgebung außer Kraft setzen. Hat 
er dies auf allen Gebieten getan, so hat sich der Bundes- 
staat tatsächlich in den Einheitsstaat verwandelt. 
. Im Verhältnis der Gliedstaaten zu einan- 
der gilt der Grundsatz der Gleichord nung, wenn 
auch einzelne Glieder durch Einräumung eines größeren 
Einflusses (lim Deutschen Reich z. B. zugunsten von
	        
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