Dritter Abschnitt.
Die Funktionen des Staates.
8§ 19. Staatsfunktionen. Allgemeines.")
a. Die Unteilbarkeit der Staatsgewalt.
1. Die Staatsgewalt ist einheitlich und unteilbar
(une et indivisible, S. 32). Sie ist nicht die Zusammen-
fassung einzelner, selbständig nebeneinander stehender
staatlicher Betätigungen (Hoheitsrechte) unter einem Ober-
begriff. Diese Auffassung hatte für das ältere deutsche
Staatsrecht eine gewisse Berechtigung, weil in Deutsch-
land die Landeshoheit der immer noch formell dem Kaiser
untertanen Territorialherren nur eine bestimmte, wenn-
gleich sich ständig vermehrende Zahl von Hoheitsrechten
umfaßte (Lehns-, Justiz-, Militär-, Kirchenhoheit). Im
modernen Staate dagegen ist die Staatsgewalt ein einheit-
licher Begriff: er umfaßt die ganze Fülle der höchsten
Gewalt im Staate, gleichgiltig auf welchen Gebieten,
in welchen Formen und in welcher Art sie sich be-
tätigt.
2. Die begriffliche Einheit der Staatsgewalt hindert
nicht, daß man im Interesse der klareren Erkenntnis ihres
Wesens und ihrer Betätigung nach einer Einteilung sucht.
Diese kann von verschiedenen Gesichtspunkten aus er-
folgen: nach Betätigungs gebieten (unten b), nach Be-
tätigungs sormen (unten c) und nach Betätigungs-
arten (unten d).
-0b Betätigungsgebiete der Staatsge-
walt.
Kein Gebiet ist der staatlichen Betätigung verschlossen.
Eine andere, der Politik angehörige Frage ist, auf welchen
Gebieten der Staat seiner Natur nach sich betätigen soll,
*) W. Jellinek, Gesetz, Gesetzesanwendung und Zweck-
mäßigkeitserwägung (13); D. fehlerhafte Staatsakt (08); Kor-
mann, System d. rechtsgeschäftl. Staatsakte (10).