Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 20. Die Gesetzgebung (Legislative). 143 
tes dieses Recht für ihre Gemeinschaft. Auch heute fin— 
det sich noch eine solche begrenzte Befugnis zur Rechts- 
setzung. Man beschränkt jedoch den Ausdruck Gesetz auf 
die staatliche Satzung und faßt das Rechtschaf- 
fungsrecht kleinerer im Staate bestehender Gemeinschaften 
unter dem Ausdruck Autonomie zusammen. Eine 
solche besteht aber nach moderner Auffassung nur kraft 
ausdrücklicher oder stillschweigender Gestattung des Staa- 
tes und kann daher durch den Staat jederzeit entzogen 
oder beschränkt werden. Vgl. hierüber L. 1I § 3 und über 
die kirchliche Gesetzgebung und ihr Verhältnis zur staat- 
lichen Ki. §§ 15, 16. Die Autonomie hat heute ihre 
wesentliche Bedeutung nur noch innerhalb der souverä- 
nen und der dem hohen Adel angehörenden Familien 
(Hausgesetze, vgl. EGBGB. Art. 57, 58). Die im Staate 
bestehenden Gebietskörperschaften (Provinzen, 
Kreise, Gemeinden) haben zwar vielfach die Möglichkeit, 
für ihren Bezirk Recht zu schaffen (Provinzial-, Orts-, 
Kreisstatuten, S. 586). Es handelt sich aber hierbei nicht 
um eine auf eigenem Recht beruhende, sondern um eine 
vom Staat übertragene (delegierte) Gesetzgebungsbefug- 
nis. Dagegen wird für die mecklenburgischen Städte Ro- 
stock und Wismar von altersher eine wirkliche Autonomie 
in Anspruch genommen. 
· Die in den gebietlosen Körperschaften 
(Vereine öffentlicher und privater Natur) bestehenden 
Selbstsatzungsbefugnisse beruhen regelmäßig auf vertrags- 
mäßiger Einigung (statuta). 
Hierbei steht also subjektives, bei den Statuten der Gebiets- 
körperschaften objektives Recht in Frage (RGZ. 51 62; vgl. 64 
214); solche Statuten sind daher auch zu publizieren. 
2. Materielle und formelle Gesetze. 
a. Begriff. 
Unter Berücksichtigung der im Vorstehenden bewirk- 
ten Ausscheidungen verstehen wir unter Gesetz eine vom 
Staat erlassene — und durch die Staatsgewalt erzwing- 
bare — allgemeine Rechtsregel. So verstanden enthält 
der Begriff „Gesetz“ zwei Elemente: ein inhaltliches, 
„materielles“, nämlich die Rechtsnorm, und ein 
Heilfron, Staats= und Verwaltungsrecht. 11
	        
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