Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

152 8 20. Die Gesetzgebung (Legislative). 
2. Die Sanktion. 
a. Sanktion ist der Staatsakt, durch den der Ge- 
setzesinhalt mit dem Gesetzesbefehl bekleidet, d. h. 
als für die Untertanen verpflichtend erklärt wird. Diese 
Erklärung geht als Akt der Exekutive von dem Staats- 
oberhaupt aus. Ob er sie dauernd (absolutes Veto) oder 
für Zeit (suspensives Veto) oder überhaupt nicht verwei- 
gern kann, hängt von der Staatsverfassung ab. 
In Frankreich kann der Präsident durch Verweigerung der 
Sanktion (wegen der herrschenden parlamentarischen Regierung 
tatsächlich nicht vorkommend, S. 96) binnen Monatsfrist, bei 
eiligen Vorlagen binnen 3 Tagen, die nochmalige Abstimmung 
mit der gewöhnlichen Majorität herbeiführen. In Nordamerika 
kann der Präsident durch Einlegung des Vetos eine erneute Be- 
ratung erzwingen, wobei zur Annahme Zweidrittelmajorität er- 
forderlich ist; das Gesetz tritt aber ohne weiteres in Kraft, wenn 
der Präsident binnen 10 Tagen weder das Gesetz sanktioniert 
noch sein Veto einlegt. 
Die Sanktionsformeln lassen in der Regel das 
Verhältnis der gesetzgebenden Faktoren zu dem Sanktionsorgan 
erkennen; z. B.: 
Deutsches Reich: „Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden 
Deutscher Kaiser, König von Preußen usw., verordnen hiermit 
im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundes- 
rats und des Reichstags, was folgt“ (der Kaiser ist nicht gesetz- 
gebender Faktor. Übrigens ist diese von Preußen hergenommene 
Formel auch so nicht ganz korrekt, denn nicht der Kaiser, sondern 
der Bundesrat hat die Sanktion der Reichsgesetze und daher zu 
verordnen. Der Kaiser hat nur die Ausfertigung und die 
Verkündung). Schluß: „Urkundlich unter Unserer Höchsteigen- 
händigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel“. 
Preußen: „Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König 
von Preußen usw., verordnen, mit Zustimmung der beiden 
Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt“ (der König ist 
selbständiger gesetzgebender Faktor, S. 575). 
England: „Be it enacted by the King's most erxcellent 
Majesty, by aund with the advice and consent of the Lords 
Spiritual and Temporal, and Commons in this present Par- 
liament assembled, and by the authorithy of the same, as follows“; 
der parlamentarischen Monarchie besser entsprechend Belgien: 
„Les chambres ont adopté et Nous sanctionnons ce que Suit“. 
8. Die Sanktion erfolgt mittels Ausfertigung 
und Vollziehung einer Urkunde, die den maßgeben- 
den Gesetzestext darstellt. Laband faßt diesen Teil der 
Sanktion als selbständigen Abschnitt in der Entstehungs- 
geschichte auf und bezeichnet ihn als Promulgation.
	        
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