§ 21. Die Justiz. 157
besonders die Gliedstaaten eines Bundesstaates (S. 121),
können Gesetze nur insoweit erlassen, als ihnen die Staats-
gewalt zusteht. Daher hat der Richter in einem Bundes-
staat jedenfalls nachzuprüfen, ob ein von einem Einzel-
staat erlassenes Gesetz mit der bundesstaatlichen Gesetz-
gebung in Einklang steht.
Daher hat der preußische Richter trotz Pr V. Art. 106 II
(S. 580) einem preußischen Gesetz oder einer preußischen KglV.
die Wirksamkeit zu versagen, soweit der Inhalt des Gesetzes
mit reichsrechtlichen Vorschriften im Widerspruch steht (NV.
rt. 2).
Das wird besonders häufig dann zweifelhaft sein, wenn
ein bisher vom Einzelstaat geordnetes Rechtsgebiet reichsrecht-
lich geordnet wird. So ist z. B. für das Protteriegesetz vom
29. August 1904 (L. II 8§ 81 3) streitig, ob es rechtsgültig ist,
(so das Reichsgericht) oder ob durch StEeB. 8 286 die „Ma-
terie“ des Lotteriespiels im Sinne von EcSt##. 8§ 2 reichs-
rechtlich geordnet ist, sodaß für Landesstrafrecht auf diesem
Gebiet kein Raum ist. 1
8 21. Die Justiz.
a. Begriff.
1. Wie mit dem Ausdruck Gesetz (S. 143 ff.), so kann
man auch mit dem Ausdruck Justiz einen materiellen
(Funktion) und einen formellen Begriff (Organ) verbinden.
a. Justiz im materiellen Sinne (Recht-
sprechung)
ist die Anwendung der Rechtsnormen, d. h. die auf
deren Durchsetzung und die Aufrechterhaltung der Rechts-
ordnung gerichtete Tätigkeit. Sie teilt sich in:
a. die Rechtsfeststellung, d. h. die Unterord-
nung eines Tatbestandes unter einen Rechtssatz (Urteil):
und
b. die Rechtsverwirklichung, d. h. die Her-
stellung eines dem Urteil entsprechenden Zustandes (Voll-
streckung).
8. Justiz im formellen Sinn (Gerichts-
barktkeit)
ist die Gesamtheit der der Rechtspflege dienenden Ein-
richtungen.