Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

158 8 21. Die Justiz. 
2. Wie beim Gesetz (S. 143 ff.) decken sich bei der 
Justiz der materielle und der formelle Begriff vielfach, 
aber nicht immer. 
a. Die Rechtsprechung erfolgt zwar grundsätz- 
lich durch die Gerichte. Die Gerichte haben aber vielfach 
auch noch andere Funktionen auszuüben, als die 
der Rechtsprechung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und 
Strafsachen (die sog. streitige Gerichtsbarkeit, jurisdictio 
contentiosa). Sie sind nämlich in der Regel auch zu- 
ständig: 
a. für die sog. freiwillige Gerichtsbarkeit 
(iurisdictio voluntaria), d. h. die Rechtspflegetätigkeit, die 
nicht auf die Feststellung eines streitigen Rechtszustandes 
oder Sicherung des verletzten Rechtsfriedens gerichtet ist, 
sondern auf Vorbeugung, Fürsorge, Interessenwahrneh- 
mung, also auf Tätigkeiten, die eigentlich in das Gebiet 
der Verwaltung gehören (Aufnahme von Urkunden, Füh- 
rung öffentlicher Register, Vormundschafts-, Nachlaß-, 
Grundbuch-, Hinterlegungssachen): 
b. für die sog. Justizverwaltung, d. h. für 
diejenige Verwaltungstätigkeit, durch welche die Tätigkeit 
der Gerichte als Rechtspflegeorgane eingerichtet, aufrecht- 
erhalten und beaufsichtigt wird (Bildung der Gerichtsor- 
ganisationenen, Anstellung, Versetzung, Bezahlung der 
Richter und der übrigen Justizbeamten, Kostenwesen). 
8. Anderseits haben nicht nur die Gerichte 
die Rechtsprechung; diese steht vielmehr auch gewissen Ver- 
waltungsorganen zu (Verwaltungsgerichtsbar- 
keit, S. 168). 
Wieie sich hiernach die Zuständigkeiten abgrenzen, und 
in welcher Weise die hierbei entstehenden Streitigkeiten 
(Kompetenzkonflikte, S. 137) entschieden werden, 
ist Sache des positiven Rechts. Vgl. Z. I § 12b, für 
Preußen S. 660. 
b. Grundlagen der Rechtsprechung. 
Die moderne Rechtspflege wird durch drei Grundsätze 
beherrscht: 
1. Die Gerichte sind Staatsgerichte. 
Dieser auch im G. § 15 1 zum Ausdruck gebrachte 
Grundsatz ist erst das Ergebnis der neuesten Entwickelung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.