8 22. Die Verwaltung (Exekutive). 165
bei der Justiz, der Herrscher, dessen Gebot befolgt werden
muß ohne Rücksicht auf die Folge (fiat iustitia, pereat
mundus, angeblicher Wahrspruch Ferdinands I., 1556
bis 1564). Die Justiz handelt secundum, die Verwal-
tung intra legem. Die Interessenwahrnehmung verlangt,
daß die Verwaltung zwar „gesetzmäßig“ ist, d. h. innerhalb
der gesetzlichen Schranken (intra legem) bleibt, aber ge-
nügende Geschmeidigkeit und Bewegungsfreiheit erhält, um
die besten Wege und die zweckmäßigsten Mittel aufzufinden,
auf denen sie ihr Ziel: dem öffentlichen Interesse zu
dienen, erreichen kann.
Hiernach findet das „freie Ermessen“ in der
Verwaltung sein Hauptbetätigungsfeld. Aber wie schon
S. 140) dargelegt, ist auch der Richter in immer steigendem
Maße von den starren Fesseln des ius strictum befreit
worden. In der Praxis verwischen sich daher die Wesens-
unterschiede zwischen Justiz und Verwaltung um so eher,
als anderseits die Verwaltung vielfach, z. B. bei Er-
teilung von Konzessionen, an feste Rechtsnormen gebun-
den ist.
a. Jeder Verwaltungsakt muß hiernach in einem
Gesetz seine Grundlage finden, wenngleich nicht stets in
gleicher Art. Vielmehr sind, wie schon S. 141 dargetan,
die freien Akte der Regierung (gouvernement) von
den an feste Normen gebundenen Vollziehungsak-
ten (administration) zu unterscheiden.
uch die Befugnis, polizeiliche Gebote oder Verbote zu
erlassen, muß für die betreffende Art von Befehlen durch eine
(gesetzliche oder gewohnheitsrechtliche) Rechtsnorm gewährt sein;
sie kann nicht aus der allgemeinen Aufgabe der Polizei abge-
leitet werden (so die herrschende Meinung und das Pr.
gegen Georg Meyer).
b. Nur kraft gesetzlicher oder gewohnheitsrechtlicher
Gestaltung ist es auch zulässig, durch Verwelltungsakte
einer Person eine bevorzugte Stellung zu verschaffen (Er-
teilung eines Privilegs, z. B. einer Apothekergerechtig-
keit) oder sie von der Befolgung gewisser Gesetze (z. B.
der zehnmonatigen Wartefrist des § 1313 BGB.) zu be-
freien (Dispensation)).
Daß die Erteilung von Privilegien stets gesetzlicher Unter-
lage bedarf, ist unstreitig. Dagegen ist die Frage der Dispen-
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