166 8 22. Die Verwaltung (Exekutive).
sation bestritten (über die Dispensationen nach BE. ist in
Preußen die — auf das BGB., das EGBB. und das AGBB.
gestützte, also ein materielles Gesetz darstellende — Kg1.
zur Ausführung des BGB. vom 16. November 1899 ergangen).
In Preußen knüpft der Streit an die Frage an, ob der Monarch
ohne gesetzliche Ermächtigung zum Erlaß von staatlichen Steuer-
forderungen (z. B. des Stempels für ein neu gegründetes Fidei-
kommiß) befugt sei. Laband bejahte dies, da hierin ein Akt
der Gnade liege, deren Ausübung dem Monarchen auch auf
steuerlichem Gebiet zustehe; auch Arndt hielt den König von
Preußen zu Steuererlassen für befugt, da er auf dies Recht bei
Gewährung der Verfassung nicht verzichtet habe (presumtio pro
rege, S. 67). Dagegen die herrschende Meinung. Der Streit
ist nunmehr durch § 18 des Staatshaushaltsgesetzes (sog. Komp-
tabilitätsgesetzes) vom 11. Mai 1898 zugunsten des
Königs entschieden.
Das Verbot, ohne gesetzliche Unterlage Privilegien zu ge-
gewähren, beruht auf dem im modernen Staate selbstverständ-
lichen, in vielen Verfassungen aber auch zum Ausdruck gebrachten
Grundsatze der Gleichheit vor dem Gesetze (z. B. Pr VU. Art. 4,
S. 533). Dieser Satz hindert z. B., daß die Kommune, um
vermögende Einwohner zu gewinnen, ihnen beim Einzuge ver-
tragsmäßig zusichert, sie würden nur mit einem Teile ihres Ver-
mögens oder mit einem geringeren Prozentsatze zu städtischen
Steuern herangezogen werden (vgl. RZ. 46 245; 82 326),
oder daß die Polizei bei Erteilung von Konzessionen oder Dis-
pensationen (z. B. von gewissen normalen Bauvorschriften) eine
verschiedenartige Behandlung bei gleicher Sachlage eintreten läßt.
8. Das Staatsnotrecht (ius eminens).
Von dem Grundsatze, daß die Verwaltung sich inner-
halb der gesetzlichen Schranken halten muß, wird von
manchen (Georg Meyer, Gareis) eine Ausnahme für
den Fall eines staatlichen Notstandes gemacht. Es
wird behauptet, daß die Verwaltung sich in Fragen des
Bestehens und der Sicherheit des Staates beim Versagen
anderer Mittel kraft eines ius eminens über dies Gesetz,
also auch über die Verfassung, hinwegsetzen dürfe. Von
anderen (Jellinek, Anschütz) wird dies bestritten. In
der Tat handelt es sich in solchen Fällen um eine
Revolution von oben, zumal bei Zwistigkeiten zwischen
Volk und Regierung stets streitig sein wird, ob ein mit den
gesetzlichen Mitteln nicht abwendbarer Notstand vorliegt.
Verhältnisse, die ein sofortiges Eingreifen der Regierung
ohne Inanspruchnahme des Parlaments zwecks Aenderung
der Gesetzgebung verlangen, können vielfach eintreten. In