172 8 22. Die Verwaltung (Exekutive).
(Pr Vu. Art. 61, S. 595) ist mangels Erlasses der erforderlichen
Ausführungsvorschriften eine Ministeranklage praktisch unaus-
führbar. Das Reichsrecht hat überhaupt keine Vorschriften
über Anklage gegen den Reichskanzler oder die Staatssekretäre
(S. 268). Das Begnadigungsrecht des Monarchen gegenüber an-
geklagten Ministern ist in den Verfassungen, die das Institut der
Ministeranklage ausgenommen haben, in der Regel an die Zu-
stimmung der anklagenden Kammer gebunden (Prl. Art. 49).
c. So unbestreitbar nach modernem Staatsrecht der
Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung ist,
so unsicher ist im einzelnen Falle die Grenzziehung zwi-
schen den Justizsachen, für die der „Rechtsweg“ (d.h. der
Gerichtsweg, ähnlich wie ius in der Verbindung „Ver-
fahren in jure") zulässig ist, und den Verwaltungssachen,
für die der Verwaltungsweg oder das Verfahren vor den
Verwaltungsgerichten zuständig ist.
Fuür Deutschland handelt es p4n hierbei vor allem um den
Begriff der „bürgerlichen Rechtsstreitigkeit“ im Sinne von GVG.
§ 13. Hierfür ist maßgebend die Natur des geltend gemachten
Anspruchs: vor die Gerichte gehören solche Streitigkeiten, bei
denen die Parteien einander als gleichgeordnete Rechtssubjekte
(koordiniert) gegenüberstehen; vor die Verwaltungsbehörden oder
-gerichte gehören dagegen solche Streitigkeiten, bei denen ein
Teil dem andern als Untertan oder Angehöriher einer Gebiets-
körperschaft (subordiniert) gegenübertritt. Diesem maßgebenden
Unterscheidungsmerkmal gegenüber kann die Herkunft (aus dem
privaten oder öffentlichen Recht) oder der Gegenstand (ob ver-
mögensrechtlich oder nicht) nur einen Anhalt geben.
Im positiven Recht ist aus Gründen der Zweckmäßigkeit,
also der Rechtspolitik, vielfach für unzweifelhafte Verwaltungs-
sachen der „Rechtsweg für zulässig erklärt" und umgekehrt für
unzweifelhafte Justizsachen der Verwaltungsweg vorgeschrieben
worden. Ebensowenig wie zwischen Gesebgebung und Verwal-
tung (S. 145), hat sich zwischen Justiz und Verwaltung die
Trennung bis in alle Einzelheiten durchführen lassen.
1) Gewisse Verwaltungssachen sind auf den
Rechtsweg verwiesen (vgl. S. 169).
2) Gewisse Justizsachen sind den Verwaltungs-
behörden und -Serichten zugewiesen. Es handelt sich
hierbei allerdings meist um bloß provisorische Entscheidungen
unter Vorbehalt des Rechtswegs (z. B. die polizeilichen Straf-
verfügungen und die Strafbescheide der Verwaltungsbehörden,
StPPO. 8§8 53 ff., 459), zuweilen aber um endgültige Ent-
scheidungen (z. B. in Preußen für den Wildschadenersatz: Vor-
bescheid der Ortspolizeibehörde, dagegen binnen 2 Wochen seit
Zustellung Klage beim Kreisausschuß, in Stadtkreisen beim Be-
zirksausschuß, Pr Jagdordnung vom 15. Juli 1907 838 58, 59).