192 8 26. Der Norddeutsche Bund und das Deutsche Reich.
der Wahl vom 28. März 1849 durch Simson angetragene Kaiser-
krone endgiltig ab. Die größeren Staaten riefen ihre Abgeord-
neten zurück; der Rest der Nationalversammlung (Rumpfpar-
lament) wurde in Stuttgart aufgelöst.
Der am 26. Mai 1849 von Preußen, Hannover und
Sachsen geschlossene „Dreikönigsbund“, der die Errichtung eines
Deutschen Reichs ohne Osterreich unter preußischer Führung be-
zweckte, zerfiel trotz des Beitritts der meisten kleineren Staaten
bald, da Sachsen und Hannover sich wieder zurückzogen. Das
am 20. März 1850 eröffnete Erfurter Parlament nahm zwar
den Verfassungsentwurf zu einer „Deutschen Union“ an. Oster-
reich durchkreuzte jedoch die preußischen Unionsbestrebungen, in-
dem es bei der von ihm einberufenen Bundesversammlung die
„Reaktivierung des Bundestags“ durchsetzte und, be-
günstigt durch die russische Politik, Preußen zur Aufgabe seiner
Pläne nötigte (Vertrag zu Olmütz vom 29. November 1850).
1851 war der Bundestag wieder voll in Tätigkeit.
Weitere Reformentwürfe (der Mittelstaaten 1861, 1862 so-
wie Osterreichs 1863) blieben ergebnislos; der letztere, auf dem
Fürstentage zu Frankfurt a. M. vorgelegte, scheiterte an
der Nichtbeteiligung Preußens, das eine Bundesreform unter
Gleichberechtigung mit Österreich und Einsetzung einer wahren
Volksvertretung (an Stelle des von Osterreich geplanten Dele-
giertenhauses) zur Bedingung machte.
Eine engere Verbindung zwischen der Mehrzahl der deut-
schen Staaten war inzwischen durch den Zoll verein (seit
1. Januar 1834) herbeigeführt worden. Ihm gehörte schließlich
ganz Deutschland mit Ausnahme von Osterreich, Liechtenstein,
Holstein, Lauenburg, den beiden Mecklenburg und den Hansa-
städten an.
Zwei entgegengesetzte Richtungen traten in der letzten Zeit
des Bundes immer schärfer hervor, verkörpert in dem groß-
deutschen Reformvereine, dessen Ziel lediglich eine Reform
der bestehenden Verhältnisse war, und dem kleindeutschen Natio-
nalverein, dem Vorkämpfer einer bundesstaatlichen Einigung
des außerösterreichischen Deutschlands unter preußischer Führung.
8§ 26. III. Der Norddeutsche Bund und das Deutsche Reich.
a. Die Gründung des Nordbdeutschen Bundes.
1. Die Sprengung des Deutschen Bundes wurde endlich
durch die Entwicklung der Schleswig-Holsteinischen
Frage herbeigeführt. Den Herzogtümern Schleswig und Hol-
stein war bei ihrer Vereinigung mit dem Königreiche Dänemark
1460 zugesichert worden, daß beide Lande ihre Privilegien be-
halten und auf ewig zusammen und ungeteilt („up ewig unge-
deelt“) bleiben sollten. Um die infolge des für Schleswig-Holstein
geltenden salischen Gesetzes drohende (S. 72) Loslösung der
Elbherzogtümer von Dänemark zu hindern, verkündete Chri-
stian VIII. 1846 durch den sog. „Offenen Brief“, daß