Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 32. Die Reichsgesetzgebung. 231 
a. Die Vorschriften über das Militärwesen, 
die Marine und die in Art. 35 bezeichneten indirek- 
ten Abgaben können gegen die Stimme des 
Präsidiums (Preußen) nicht verändert werden 
(Art. 5, 37). 
8. Bei nicht dem ganzen Reiche gemeinschaft- 
lichen Angelegenheiten werden im Bundesrate nur 
die Stimmen der beteiligten Bundesstaaten gezählt (Art. 7, 
vgl. S. 248 über die Beseitigung dieser „itio in par- 
tes“ für den Reichstag). 
J. Verfassungsänderungen (d.h. — S. 203 
— Anderungen der Verfassungsurkunde, aber auch mate- 
riell verfassungswidrige Gesetze, welche formell den Wort- 
laut der RV. nicht verändern) gelten als abgelehnt, 
wenn sie im Bundesrate 14 Stimmen gegen 
sich haben (Art. 78 I, 2); sie können also weder gegen 
den Willen von Preußen noch gegen die vereinigten Stim- 
men von Bayern, Sachsen und Württemberg durchge- 
setzt werden. 
d. Zur Abänderung von Sonderrechten (iura 
singularia, oben S. 209) einzelner Bundesstaaten bedarf 
es ferner der Zustimmung des berechtigten 
Bundesstaats (LArt. 78 1.). 
3. Die Zuständigkeit des Deutschen Reichs auf 
dem Gebiete der Gesetzgebung ist durch RV. Art. 4 be- 
stimmt, kann aber durch verfassungsänderndes Gesetz er- 
weitert werden, was auch bereits mehrfach geschehen ist 
(S. 202). 
RV. Art. 4: „Der Beaufsichtigung seitens des Reichs 
und der Gesetzgebung desselben unterliegen die nachstehenden 
Angelegenheiten: —“. Die Aufzählung ist nicht erschöpfend; vyl. 
ferner Art. 20 II, Art. 69, 75, 76, 78. Die Reichsgesetzgebung 
ist außerdem zuständig für die Regelung derjenigen Angelegen- 
heiten, welche sich auf seine Verwaltungsorganisation beziehen: 
vgl. z. B. Art. 18 II und S. 275. 
Aus der Voranstellung der „Beaufsichtigung“ in Art. 4 
wird vielfach gefolgert, daß ein Aufsichtsrecht des Reichs auch 
da bestehe, wo es nach Art. 4 Gesetze erlassen könne, nicht nur 
da, wo es bereits Gesetze erlassen habe. Doch ist dies nicht 
unbestritten; z. B. hat der Staatssekretär des Innern 1906 die 
Ablehnung der Beantwortung einer Interpellation über die 
Ausweisung von Ausländern u. a. damit begründet, daß die auf 
 
	        
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