§ 33. Der Bundesrat. 237
(S. 208) ausüben, ist der Vertreter des Trägers der
Reichssouveränität (S. 206), das kollegiale Staats-
haupt (S. 95). Es folgt mithin aus der Mitglied-
schaft das Recht auf Teilnahme am Bundesrat (S. 209)
für den einzelnen Staat, aber auch nur für diesen;
deshalb hat der Kaiser als solcher, als Organ des
Reiches, keine Vertretung im Bundesrat, sondern ledig-
lich als König von Preußen.
a. Die Ausübung des Stimmrechts ist dem Reiche gegen-
über lediglich ein Recht des Einzelstaates, nicht eine Pflicht;
sie kann nach der RV. nicht erzwungen werden. Art. 7 III be-
stimmt als rechtliche Folge der Nichtausübung lediglich: „Nicht
vertretene oder nicht instruierte Stimmen werden nicht gezählt.“
8. Die Vollmacht (Legitimation) seiner Mitglieder prüft
der Bundesrat, nicht dagegen ihre Instruktion, da diese sich
nur auf das Verhältnis des Vertreters zum Einzelstaate be-
zieht. Über die „Inkompatibilität“ der Zugehörigkeit zu Bundes-
rat und Reichstag vgl. unten S. 256.
2. Der Bundesrat ist kein „Oberhaus“ einer
Bolksvertretung; denn seine Mitglieder stimmen nach
ihrer Instruktion (S. 243). Er ist auch kein Reichs-
ministerium; denn er führt keine laufende Verwaltung. Er
ist endlich kein „Staatsrat“ (S. 602); denn er hat keine
nur begutachtende Tätigkeit. Er ist vielmehr ein staats-
rechtlicher Gesandtenkongroß, wenigstens nach
dem Sinne der M.
Tatsächlich hat, ohne daß deren Wortlaut insoweit geändert
wäre, die Stellung des Bundesrats wesentliche Wandlungen er-
fahren. Einerseits werden nicht selten Vorverhandlungen über
Gesetzesvorschläge und sonstige Angelegenheiten zwischen der Reichs-
regierung und den Einzelstaaten außerhalb des Bundesrats
(namentlich durch die preußischen Gesandtschaften, vgl. S. 597)
gepflogen, so daß die Beschlußfassung des Bundesrats über derartig
vorbereitete Vorlagen zur Form wird. Anderseits hat der Bundes-
rat durch seine umfassende auf Grund des Art. 7 (S. 239) und
besonderer Reichsgesetze entfaltete Tätigkeit erhöhte Bedeutung
erlangt. Er ist zur ständigen Versammlung geworden (S. 241),
und in ihr sind nicht mehr nur die Bundesstaaten vertreten,
sondern tatsächlich auch das Reich selbst, da die Chefs der obersten
Reichsämter zu (preußischen) Bundesratsbevollmächtigten er-
nannt zu werden pflegen. Daneben hat sich infolge des Umfangs
und der Verschiedenartigkeit der Aufgaben des Bundesrats (man
denke z. B. an die vielen technischen und finanziellen Ausführungs-
bestimmungen) die der RV. unbekannte Einrichtung der „stell-
vertretenden Bundesratsbevollmächtigten“ (meist
Unterstaatssekretäre, Ministerialbdirektoren und -räte) herausge-