Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

242 8 33. Der Bundesrat. 
amt des Innern) versammelt, zumal bei den mehrere Stim- 
men führenden Staaten ein einziger Bundesratsbevollmächtigter 
alle Stimmen seines Staats abgeben, ein Bundesratsbevoll- 
mächtigter auch mehrere Staaten vertreten und endlich sogar 
schriftliche Abstimmung erfolgen kann. 
2. Leitung und Vorsitz liegt dem vom Kaiser 
zu ernennenden Reichskanzler öb, der sich vermöge 
schriftlicher Substitution durch jedes andere Bundesrats- 
mitglied vertreten lassen kann (RV. Art. 15; vgl. über die 
Vorsitzberechtigung Bayerns bei Verhinderung aller preu- 
ßischen Bundesratsbevollmächtigten S. 209). 
3. Der Bundesrat beschließt — abgesehen von 
den S. 231 erwähnten Fällen — mit einfacher Mehr- 
heit der vertretenen Stimmen. 
In den S. 231 angegebenen Fällen ist richtiger Ansicht nach 
auch über die Vor frage, ob eine Verfassungsänderung usw. vor- 
liegt, mit einfacher Mehrheit abzustimmen. 
Bei Stimmengleichheit gibt die Präsidialstimme den 
Ausschlag (Art. 7 III), also Preußen, nicht etwa auch 
Bayern, falls es (S. 209) wegen Verhinderung aller preuß. 
Bundesratsbevollmächtigten Preußen im Vorsitze vertre- 
ten sollte. 
a. Die Z elsaß-lothringischen Stimmen 
werden nicht gezählt (S. 238), wenn die Präsidial- 
stimme (Preußen) nur durch Hinzutritt dieser Stimmen die 
Mehrheit für sich erlangen oder im Sinne des Art. 7 III, 3 
(Stimmengleichheit) den Ausschlag geben würde. Das 
gleiche gilt bei der Beschlußfassung über Aenderungen der 
Verfassung (RV. Art. 6 a II in der Fassung des Art. 1 
R . über die Verfassung Elsaß-Lothringens vom 31. 
Mai 1911)9. ’ 
Die erstere Bestimmung soll verhüten, daß Preußens Stim- 
mengewicht durch die vom Statthalter, als einer vom König von 
Preußen abhängigen, preußischen Einflüssen daher vielleicht zu- 
gänglichen Persönlichkeit, instruierten Stimmen vermehrt werde. 
Die letztere Vorschrift will umgekehrt verhindern, daß eine von 
Preußen gebilligte Verfassungsänderung an den elsaß-lothrin- 
gischen Stimmen scheitert. 
8. Bei Beschlußfassung über eine Angelegenheit, 
welche nach den Bestimmungen der Verfassung nicht dem 
ganzen Reiche gemeinschaftlich ist, werden die 
Stimmen nur derjenigen Bundesstaaten gezählt, welchen
	        
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