Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

244 § 34. Präsidium (Kaiser). 
verfassungsmäßig berufenen Regenten) zu, welcher den 
Namen Deutscher Kaiser führt (nicht „Kaiser von 
Deutschland“; in internationalen Verträgen heißt er frei- 
lich „Empereur d’/Allemagne“ S. 2029. 
Ein etwa berufener Regent führt selbstverständlich nicht 
den Kaisertitel; denn dieser steht nur dem Träger der 
Preußischen Krone zu. Dagegen ist das Prädikat „Kaiser- 
lich“ auf den „Kronprinzen des Deutschen Reichs und von 
Preußen“ ausgedehnt („Kaiserliche und Königliche Hoheit“, Allerh. 
Erl. vom 18. Jan. 1871). Reichsin signien sind die 
Kaiserkrone, das Kaiserliche Wappen und die Kaiserliche Standarte 
(Allerh. Erlaß vom 3. August 1871). 
2. Der Kaiser ist, wie bereits oben S. 206 gezeigt, 
nicht der Souverän des Deutschen Reichs. Ihm stehen 
daher nur die Rechte zu, die ihm ausdrücklich übertragen 
sind (über die gegensätzliche Stellung des Königs von 
Preußen vgl. S. 550). 
Gleichwohl hat das Kaisertum, ausgehend von der Ver- 
tretung des Reichs nach außen, dem Kommando über Heer und 
Flotte, der Ausübung der Staatsgewalt im Reichsland und der 
Schutzgewalt in den Schutzgebieten usw., im Laufe der Zeit eine 
immer steigende Bedeutung erlangt. Neben der „Gesamtheit 
der verbündeten Regierungen“ hat sich die „Kaiserliche Re- 
gierung“ als solche entwickelt. Sie hauptsächlich tritt durch den 
Reichskanzler und die Staatssekretäre im Reichstage hervor (un- 
beschadet des durch Aut. 9 RV. auch jedem anderen Bundesrats- 
bevollmächtigten gewährleisteten Rechts, die Ansichten seiner Re- 
gierung im Reichstage zu vertreten). 
3. Auf die Reichsverfassung wird der Kaiser nicht 
vereidigt (vgl. dagegen für Preußen S. 554). 
b. Die Regierungsrechte des Kaisers. 
Der Kaiser ist ein selbständiges Organ des Reichs, 
nicht „Kollektivmandatar“ der verbündeten Regierungen. 
Auch der Bundesrat ist, wie oben S. 239 ausgeführt ist, 
u. a. Organ der Regierung und der Verwaltung. Eine 
streng systematische Scheidung der Befugnisse des Kaisers 
von denen des Bundesrats ist nicht durchführbar. Im 
allgemeinen ist dem Bundesrate mehr die materielle Be- 
schlußfassung, dem Kaiser mehr die Vollziehung und Aus- 
führung zugewiesen (vgl. z. B. Art. 19), ohne daß dieser 
Gesichtspunkt überall durchgeführt wäre (vgl. z. B. Art. 
72 einerseits und Art. 50 II anderseits). Im einzelnen 
liegen dem Kaiser die folgenden Funktionen ob:
	        
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