Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

250 § 35. Der Reichstag. 
hörigkeit, männliches Geschlecht, Vollendung des 25. Jahrs, Wohn- 
sitz in einem Bundesstaat. Es kann mithin ein Preuße in 
München, ein Bayer in Berlin zum Deutschen Reichstag wählen, 
nicht aber z. B. ein Preuße in München sein Wahlrecht zum 
Preußischen Abgeordnetenhaus ausüben. Ebensowenig wählt 
natürlich ein Preuße in München zur Bayerischen Abgeordneten- 
kammer. Wohl aber ist jeder Deutsche in jedem Bundesstaat 
zum Schöffen-, Geschworenen= und Vormundschaftsamt jähig und 
zur Übernahme des Amtes verpflichtet (G. 8§8 31, 84, B. 
§ 1785). 4 
a. Das aktive (nicht aber das passive!) Wahlrecht 
ruht: 
a. für Militärpersonen des Heeres und der 
Marine, solange sie sich bei der Fahne befinden (Reichs- 
militärgesetz vom 2. Mai 1874 § 49, Wahlgesetz § 2), 
mit Ausnahme der Militärbeamten; 
Da die Landesherren als Kontingentsherren (S. 290) jeden- 
falls zur Armee gehören, sind sie schon aus diesem Grunde 
nicht aktiv-wahlfähig. Für ihre Familienmitglieder besteht da- 
gegen, soweit sie nicht zur aktiven Armee gehören, kein Hin- 
derungsgrund. 
b. für Personen, welche sich zur Zeit der Wahl in 
einem Wahlbezirk aufhalten, in welchem sie keinen 
Wohnsitz haben (oder ihren Wohnsitz außerhalb eines 
Wahlbezirks, z. B. in einem Schutzgebiet haben); 
c. für Personen, welche nicht in die Listen auf- 
genommen sind. 
8. Das aktive Wahlrecht verlieren bevormundete, 
im Konkurs befindliche, eine Armenunterstützung aus öf- 
fentlichen Mitteln beziehende und der bürgerlichen Ehren- 
rechte verlustige Personen nach Maßgabe der näheren 
Bestimmungen in 8 3 des Wahl G. und §#§ 32 ff. StGB. 
Nach dem R., betr. die Einwirkung von Armenunter- 
stützung auf öffentliche Rechte, vom 15. März 1909 sind jedoch 
nicht als Armenunterstützung anzusehn: Krankenunterstützung; 
einem Angehörigen wegen Gebrechen gewährte Anstaltspflege; 
Unterstützungen zwecks Jugendfürsorge, Erziehung oder Ausbil- 
dung; vereinzelte Unterstützungen zur Hebung einer augenblick- 
lichen Notlage; erstattete Unterstützungen. 
2. Wählbar (passiv-wahlberechtigt) 
ist jeder aktiv-wahlberechtigte Deutsche (auch wenn 
seine Wahlberechtigung ruht, z. B. eine Militärperson), 
sofern er seit einem Jahre die Staatsangehörigkeit in 
einem Bundesstaate besitzt. 
  
 
	        
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