252 § 35. Der Reichstag.
und spätestens 1 Wochen vor dem Tage der Wahl zu
jedermanns Einsicht während eines Zeitraumes von min-
destens 8 Tagen auszulegen (Wahlges. 8 8).
J. Die Wahl erfolgt durch geheime Abstim-
mung mittels weißer, mit keinem Kennzeichen versehener
Zettel, welche in eine Wahlurne (S. 249) gelegt und vom
Wahlvorsteher gesammelt werden, während die Wahl-
protokolle an den Wahlkommissar zur Verkündung des
Resultats binnen 4 Tagen gesandt werden.
d. Die Wahl erfolgt durch absolute Stimmen-
mehrheit; über die Annahme der Wahl hat der Ge-
wählte sich binnen 8 Tagen zu erklären.
Lehnt er ab, so findet Neuwahl statt; ergibt sich für
einen Kandidaten keine absolute Stimmenmehrheit, so ist Stich-
wahl zwischen den beiden Kandidaten, die die meisten Stimmen
erhalten haben, erforderlich, für welche der Wahlkommissar den
Termin festsetzt. Ersatzwahl wird vorgenommen, wenn wäh-
rend der Legislaturperiode ein Abgeordneter, z. B. durch Tod
oder Annahme eines Staatsamts mit höherem Rang oder höherer
Besoldung (S. 258) ausscheidet.
e. Die Prüfung des Wahlverfahrens steht
dem Reichstage selbst zu (RV. Art. 27). Bis zur Un-
gültigkeitserklärung hat der Gewählte Sitz und Stimme
im Reichstag.
Die Entscheidung des Reichstags erfolgt nach freiem Er-
messen. Jedoch hat sich eine ständige Praxis gebildet. Das
Verfahren regelt die Geschäftsordnung (§8 3 ff.). Zweifelhaft ist,
ob die in § 4 für Wahlanfechtungen gesetzte Frist von 10 Tagen
(seit Eröffnung des Reichstags) die Ungültigkeitserklärung in-
folge erst später aufgedeckter Mängel hindert. Der Reichstag
kann Beweiserhebungen nicht selbst vornehmen, wendet sich viel-
mehr an den Reichskanzler; in Preußen wird dann durch Ver-
mittlung des Ministers des Innern und des Regierungspräsi-
denten z. B. um Zeugenvernehmungen das Amtsgericht ersucht
(vgl. § 38 der Allerh. Vo. vom 2. Januar 1849, Z. 1 § 2118;
DJZB. 13 103); ob sich das Verfahren vor dem Amtsgerichte
nach den Vorschriften dern 3 St PO. oder des F#. richtet,
ist streitig (vol. Recht 09 93; D33. 12 196, 306). über die
Vahlprüfungen bezüglich der elsaß-lothringischen andtagsmit-
glieder s. S. 186.
ZC. gausiandigkeit des Reichstags.
Der Reichstag ist wesentlich Organ der Gesetzge-
bung (RW. Art. 5, 23, 73, 76 II), aber auch der Ver-
waltung und Regierung (Art. 11 III, 26, 72). Besonders.