§ 36. Anh. z. § 35. Die polit. Parteien im Reichstag. 263
verfassung ebenso ablehnte wie das GVG. und die St PO. und.
die sozialpolitischen Gesetze.
d. Mit dem Jahre 1877 war die große Zeit der National-=
liberalen Partei vorüber. Die Abkehr Bismarcks von der man-
chesterlich-freihändlerischen Wirtschaftspolitik führte eine erneute
Zersetzung der Liberalen herbei. 15 süddeutsche schutzzöllnerische
Nationalliberale (Schauß, Völk) traten, nachdem sie für den
Zolltarif vom 15. Juli 1879 nebst der Franckensteinschen Klausel
(S. 442) gestimmt hatten, aus der Partei aus, und 1880
trennte sich der linke Flügel Sezession) mit Forckenbeck,
Bamberger, Rickert. Diese Sezessionisten Liberale Ver-
einigung) verbanden sich 1884 mit der Fortschrittspartei zur
Deutsch-Freisinnigen Partei. Im Kartell-Reichstag
1887 (S. 260) erhielten die Nationalliberalen, die ihre Grundlagen
im „Heidelberger Programm“ (1884) neu revidiert hatten, noch
einmal 99 Sitze gegen 32 der Deutsch-Freisinnigen; aber 1890
sank die Zahl der ersteren auf 42, die Deutsch-Freisinnigen stiegen
auf 66 und die demokratische 1868 gegründete (Süd-) Deutsche
Volkspartei (Haußmann, Sonnemann, Payer) auf 10 Sitze.
Gelegentlich der Caprivischen Militärvorlage (1893) teilte sich
die Deutsch-Freisinnige Partei in die militärfreundliche Frei-
sinnige Vereinigung lunter Rickert) und die radikale
Freisinnige Volkspartei (unter Eugen Richter).
e. Erst 1910 fand zwischen den 3 linksliberalen Parteien —
angeregt von Friedrich Naumann, der den 1896 unternommenen
Versuch, eine selbständige nationalsoziale Partei zu grün-
den, 1903 aufgegeben hatte — (Deutsche Volkspartei, Freisinnige
Volkspartei, Freisinnige Vereinigung) die Fusion zu einer ein-
zigen Partei: der Fortschrittlichen Volksparte i, statt.
Führer der Nationalliberalen sind zurzeit: Bas-
sermann, Friedberg, Paasche, Schiffer, Schifferer; Parteiblät-
ter u. a.: Nationalztg. (Berlin), Kölnische Ztg., Münchener
Neueste Nachrichten, Badische Landeszeitung (Karlsruhe), Han-
noverscher Kurier, Leipziger Tageblatt, Magdeburgische Zeitung.
Führer der Fortschrittlichen Volkpar ##i# sind
3 Zt.: Cassel, Fischbeck, Gothein, Haußmann, Kämpf (Reichstags-
präsident), v. List, Naumann, Pachnicke, Wiemer; Partei-
lätter u. a.: Vossische Ztg., Berliner Tageblatt, Freisinnige
Ztg., Königsberger Hartungsche Ztg., Breslauer Ztg., Neue Ba-
dische Landeszeitung (Mannheim), Frankfurter Ztg., Hambur-
ger Fremdenblatt.
7. Das Zentrum.“
Die — nach ihren Sitzen zwischen der liberalen Linken
und der konservativen Rechten (vom Präsidenten aus gesehen)
*) Mathias Erzberger, Die Zentrumspolitik im
Reichstage (09); Hüsgen, Windthorst (11); Kopp, Ludwig
Windthorst (98); Pfülf, Hermann v. Mallinckrodt (2. A. 01):
Martin Spahn, D. deutsche Zentrum (06).