8 40. Das Reichskriegswesen. 289
71, RG. vom 11. Februar 1888 § 36) vom Kaiser aus-
geübt.
Bezüglich der reichsgesetzlich nicht geregelten Gegenstände
steht dagegen das Verordnungsrecht formell dem Kontingentsherrn
zu (unter Gegenzeichnung — falls solche überhaupt nötig —
des Kriegsministers), jedoch mit der Verpflichtung, die für die
preußische Armee ergehenden Anordnungen über Verwaltung,
Verpflegung, Bewaffnung und Ausrüstung in ihren Kontingenten
gleichfalls einzuführen (RV. Art. 63 V).
Unter den militärischen Verwaltungsverordnungen im wei-
teren Sinn unterscheidet man herkömmlich Armeebefehle
und Armeeverordnungen. Die herrschende Lehre findet
die Abgrenzung beider darin, daß erstere Ausfluß der Kom-
mandogewalt des Kaisers seien (z. B. Exerzierreglements), letztere
die Heeresverwaltung i. e. S. beträfen; nur für die Armee-
verordnungen sei daher die Gegenzeichnung des Reichskanzlers
(S. 268) oder des Kriegministers erforderlich. Arndt verwirft
diese begriffliche Scheidung, die den bestehenden Verhältnissen
nicht gerecht werde: in Preußen erfolge z. B. die Ernennung der
Offiziere ohne, in Bayern mit Gegenzeichnung; die Frage sei
vielmehr historisch zu erklären (vgl. den Kgl. Erl. vom 18. Jan.
1861: Armeebefehle sowie Orders in Militärdienst= oder Personal-
angelegenheiten werden in der Regel ohne Gegenzeichnung expe-
diert; anders ist zu verfahren, wenn diese Orders auf den Mili-
täretat oder andere Militärverwaltungszweige von Einfluß sind).
Neuestens will Anschütz im Anschluß an Marschall v. Bieberstein
die Verantwortlichkeit des Reichskanzlers auch auf die vom
Kaiser kraft der Kommandogewalt erlassenen Anordnungen und
Befehle erstrecken; die Vollziehbarkeit solcher Befehle trotz der
mangelnden Gegenzeichnung des Reichskanzlers soll aus dem
in Art. 64 I der N. den deutschen Truppen auferlegten unbe-
dingten Gehorsam folgen. Eine vermittelnde Ansicht vertritt
Rehm (Oberbefehl und Staatsrecht, 13): An der Leitung und
Aufsicht der obersten Kriegsherrlichkeit, also auch des Personal-
wesens, sei der Kriegsminister beteiligt; Pr Vu. Art. 46: „Der
König führt den Oberbefehl über das Heer“ bedeute nicht: der
König ohne Minister, sondern der König ohne Kammern. Jedoch
die Einzelheiten, die Vollziehung (Gegensatz: die allgemeine Lei-
tung, die Regierung, vgl. S. 165), seien, gleich der eigentlichen
Führung der Armee, kontrasignaturfrei. Es genüge daher z. B.,
wenn der Kriegsminister vor Erlaß der oft Hunderte von Beför-
derungen usw. enthaltenden Kabinettsorders sachdienlich Kenntnis
erhalte, ohne Einspruch zu erheben, während die Gegenzeichnung
der einzelnen Patente nicht erforderlich sei. Gegenüber dem
Generalstabe habe er ein Recht auf Berichterstattung und Teil-
nahme an den Beratungen.
Als Ausfluß der Disziplinargewalt und damit des Ober-
befehls, folglich auch als ohne Gegenzeichnung gültig (selbst
gegenüber den mit der Befugnis, die Militäruniform zu tragen,
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