Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 40. Das Reichskriegswesen. 293 
elsaß-lothringischen Truppen sind gleichfalls dem preußischen Kon- 
tingent angeschlossen; die im Reichslande garnisonierenden Teile 
der bayerischen, sächsischen und württembergischen Truppen unter- 
stehen jedoch der Kontingentsherrlichkeit ihrer Kontingentsherren. 
8. Für die Königreiche Sachsen und Württemberg 
gelten fast durchweg die oben unter 1 und 2 aufgestellten ver- 
fassungsmäßigen Grundsätze mit den aus den Militärkonven= 
tionen vom 7. Februar 1867 (Sachsen) und 25. November 1870 
(Württemberg) ersichtlichen ÄAnderungen; vgl. zu letzterer die 
Schlußbestimmung zum XI. Abschn., der RV., wodurch für Würt- 
temberg ein ohne seine Genehmigung reichsgesetzlich nicht abänder- 
bares Sonderrecht im Sinne des Art. 78 II geschaffen ist (S. 209). 
Die kommandierenden Generale der sächsischen Armeekorps werden 
auf Vorschlag des Königs von Sachsen durch den König von Preu- 
ßen, der kommandierende General des württembergischen Armee- 
korps durch den König von Württemberg nach vorgängiger Zu- 
stimmung des Königs von Preußen ernannt. Weiter bestehen Be- 
schränkungen hinsichtlich des Dislokationsrechts des Kaisers und 
der Versetzung von Offizieren durch ihn, für Württemberg ferner 
binsichtlich der Ernennung von Festungskommandanten und der 
nlegung von Festungen usw. 
J. Völlig unabhängig von der Reichsgewalt ist im Frieden 
das bayeris ge Kontingent. Nach dem die Anwendung der 
Art. 61—68 NV. für Bayern ausschließenden Bündnisvertrage 
vom 23. November 1870 (vgl. Schlußbestimmung zum XI. Ab- 
schnitte der RV.) bildet das bayerische Heer im Frieden einen 
in sich geschlossenen Bestandteil des Deutschen Heeres mit selbst- 
ständiger Verwaltung, steht im Frieden ausschließlich unter dem 
Oberbefehle des Königs von Bayern und tritt erst mit Beginn 
der Mobilmachung, die aber „auf Veranlassung“ des Kaisers 
angeordnet werden muß, unter den Befehl des „Bundesfeld- 
herrn". Dem Kaiser steht im Frieden nur ein Inspektionsrecht 
zu, über dessen Vornahme und Ergebnis er sich aber mit dem 
Könige von Bayern erst „ins Vernehmen setzen“ muß. Die 
Militärgesetzgebung des Reichs gilt dagegen auch für Bayern. 
Dieses "a“ jedoch nicht verpflichtet, die früheren preußischen Militär- 
gesetze einzuführen. Die Preußische Militärgerichtsordnung (S. 2 
galt daher z. B. in Bayern (wie auch in Württemberg au 
Grund der württembergischen Militärkonvention) nicht. Infolge 
seiner Sonderstellung beanspruchte Bayern bei Erlaß der Reichs- 
militärstrafgerichtsordnung (S. anfänglich ein eigenes oberstes 
Militärgericht. Es wur schließlich ein Ausgleich geschaffen 
durch das RG. vom 9. März 1899 betr. die Einrichtung eines 
besonderen Senats für das bayerische Heer bei dem Reichs- 
militärgericht in Berlin (S. 210). Da das in NV. Art. 68 und 
im bayerischen Bündnisvertrage vorgesehene Reichsgesetz über 
die Erklärung des Kriegszustandes durch den Kaiser soben S. 288) 
noch nicht ergangen ist, hat Bayern ein Landesgesetz über den 
Kriegszustand (vom 5. November 1912) erlassen. — Der Mili- 
tärfiskus ist in Bayern Landesfiskus.
	        
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