10 8 3. Das Staatsvolk.
tionalitätsprinzip, im Gegensatz zum Legitimi-
tätsprinzip, unten S. 35), ein Gedanke, der seiner Zeit
die Entstehung des Deutschen Reiches und des König-
reichs Italien befördert hat, während er anderseits zur
Vernichtung der europäischen Türkei (1912) geführt hat
und eine ständige Gefahr für andere Staaten bildet.
Eine solche Gefahr bilden gegenwärtig der Panfslavismus,
die großpolnische Agitation in den preußischen, russischen, öster-
reichischen Teilen des ehemaligen Polen, die dänischen Ansprüche
auf Nordschleswig und die italienischen („irredentistischen“, irre-
denta — dbas Unerlöste, sc. Italien) Bestrebungen auf Vereinigung
der italienisch sprechenden Teile Österreichs und der Schweiz
mit Italien.
b. Staatsangehörige.
Zum Volk gehören diejenigen Personen, die durch das
Staatsband zusammengehalten werden (Staatsange-
hörige, Inländer, indigeni).
1. Die Staatsangehörigkeit (Indigenat)
beruht nicht auf der Gebietszugehörigkeit.
a. Nicht alle im Inlande lebenden Personen sind
Staatsangehörige. Vom Auslande hereinziehende, fremde
Staatsangehörige (Ausländer) behalten ihre ange-
stammte oder erworbene Staatsangehörigkeit. Allerdings
unterstehen auch sie in größerem oder geringerem Umfange
der inländischen Staatsgewalt (S. 15).
8. Umgekehrt verlieren ins Ausland verziehende (aus-
wandernde) Inländer nicht ihr heimisches Indigenat.
Sie bleiben auch im Aufenthaltslande Angehörige des
Heimatsstaates, genießen seinen Schutz (ius protectionis
der inländischen diplomatischen Vertreter und Konsulu),
sind aber anderseits der inländischen Staatsgewalt unter-
worfen; nur kann diese sich naturgemäß im Auslande in
der Regel nicht mit Gewalt durchsetzen (S. 14 ff..
Ehemals wurde die Auswanderung an die Staats-
genehmigung gebunden und durch Besteuerung des mitzuneh-
menden Vermögens (gabella emigrationis, detractus per-
sonalis, Abfahrtsgeld, Nachsteuer, so nach A##. II, 17, 1411 ff.)
erschwert. Erst im 19. Jahrhundert wurde die — dem mo-
dernen Grundsatz der Freizügigkeit (S. 309) entsprechende
m Auswanderungsfreiheit gewährleistet (so z. B. Prvil. Art.
11). Die Nachsteuer und der bei Ausfolgung des inländischen