Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

300 § 10. Das Reichskriegswesen. 
lung des Oberkommandos ist seitdem selbständig unter 
der Bezeichnung „Admiralstab der Marine“ (Sitz in 
Berlin). Die Marine zerfällt in zwei Stationen: 
die Nordseestation (Wilhelmshaven) und die Ostseestation 
(Kiel). Außerdem ist ein „Generalinspekteur der Ma- 
rine“ ernannt. Über den Ausbau der deutschen Flotte 
vgl. das „Flottengesetz“ in der Fassung vom 27. Juni 
1912. " 
Darnach soll die Schlachtflotte bestehn aus 1 Flotten- 
flaggschiffe, 5 Geschwadern zu je 8 Linienschiffen, 12 großen 
und 30 kleinen Kreuzern (als Aufklärungsschiffen), die Aus- 
landsflotte aus 8 großen und 10 kleinen Kreuzern. Nicht 
im Flottengesetze festgelegt ist der Bestand an Kanonenbooten, 
Schulschiffen, Spezlalschiffen (Vermessungs-, Minen-, Dockschiffen, 
Kaiserl. Jacht Hohenzollern usw.), Torpedo= und Unterseebooten. 
Der Personalbestand richtet sich nach dem Besatzungsbedarf und 
dem erforderlichen Landbedarfe mit einem 5 oigen Zuschlage zum 
Gesamtbedarfe gemäß Flotten G. 8 4 gthen- 68 852 Unteroffiziere 
und Gemeine ohne die Kiantschoubesatzung). Wegen Führung 
der Reichskriegs= und der Reichsdienstflagge s. KaisS. vom 
8. November 1892 (geändert durch V. vom 9. Oktober 1907) 
und AE. vom 29. Oktober 1904. 
2. Die oberste Verwaltungs= und technische Behörde 
der Marine ist das Reichsmarineamt (S. 270). 
d. Der Militärdienst und die Militär- 
lasten. 
1. Der Militärdienst. 
a. Die Wehrpflicht. 
Die Militärverfassung im Deutschen Reiche beruht 
auf der allgemeinen Wehrpflicht. 
Preußen hatte diesen Grundsatz zuerst 1814 gesetzlich fest- 
gestellt. Tatsächlich hatte Scharnhorst schon seit 1810 alle Wehr- 
fähigen zum Militärdienst herangezogen, da Preußen aber auch 
nach dem Tilsiter Frieden (1807) eine stehende Armee von nur 
40 000 Mann unterhalten durfte, in der Weise, daß alle Re- 
kruten nur 3 Monate lang ausgebildet und dann durch neue 
ersetzt wurden (sog. Krümpersystem). 
In den übrigen deutschen (und europäischen) Staaten wurde 
die allgemeine Wehrpflicht erst nach 1866 durchgeführt. In Eng-ü 
land gilt noch heute das Werbesystem (Söldnerheer), in 
der Schweiz das Milizsystem, wobei auf Grundlage der 
allgemeinen Wehrpflicht die Dienstfähigen nur zu zeitweiligen 
Übungen zusammengezogen werden, so daß in der Zwischenzeit — 
von Spezialwaffen abgesehen — ein stehendes Heer nicht vor- 
handen ist. In den Vereinigten Staaten bestehen neben einer
	        
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