Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

310 g 41. Freizügigkeit und Niederlassungswesen. 
12 Monate wegen wiederholten Bettelns oder 
wiederholter Landstreicherei bestraft worden sind, 
kann der Aufenthalt in jedem andern Bundesstaate von 
der Landespolizeibehörde verweigert werden, jedoch nach einer 
Vereinbarung der verbündeten Regierungen laut Bundesrats- 
beschluß vom 9. Juni 1894 nicht in demjenigen Bundesstaat, in 
welchem sie Staatsangehörigkeit oder Unterstützungswohnsitz be- 
sitzen. 
d. Die in § 2 des R., beir. den Orden der Gesellschaft 
Jesu, vom 4. Juli 1872 enthaltenen Freizügigkeitsbeschränkungen 
sind durch das REG. vom 8. März 1904 aufgehoben, während der in 
8 1 ausgesprochene Ausschluß des Jesfuitenordens ufw. 
nebst dem Verbote der Errichtung von Niederlassungen noch 
fortbesteht, aber als Beschränkung der Vereinsfreiheit anzu- 
sehn ist (Ki. § 10 a 4 8). 
e. Die Gemeinde kann einen neu Anziehenden 
abweisen, wenn sie nachweisen kann, daß er nicht hin- 
reichende Kräfte besitzt, um sich und seinen nicht arbeits- 
fähigen Angehörigen den notdürftigen Lebensunterhalt zu ver- 
schaffen, und wenn er solchen weder aus eigenem Vermögen 
bestreiten kann noch von einem dazu verpflichteten Verwandten 
erhält (FreizG. 8 4). Stellt sich die Notwendigkeit öffentlicher 
Unterstützung erst nach dem Anzuge heraus, so kann die Fortsetzung 
des Aufenthalts versagt werden, wenn der Betreffende am Aufent- 
haltsorte noch keinen Unterstützungswohnsitz erworben hat und 
die Gemeinde nachweist, daß die Unterstützung aus andern Gründen 
als wegen vorübergehender Arbeitsunfähigkeit notwendig ge- 
worden ist (8§8 5 ff.; zwischen Bayern und den andern Bundes- 
staaten regelt sich das übernahmeverfahren vorläufig — voal. 
unten S. 312 — noch nach dem Gothaer Vertrage vom 15. Juli 
1851, § 7 II und UWG. 8§ 1 II). Gegen die polizeiliche Aus- 
weisungsverfügung sind in Preußen die allgemeinen Rechtsmittel 
zulässig (vgl. O#. 7 364). 
3. Die Vorschriften über die Anmeldung der 
neu Anziehenden behält 8§ 10 FreizG. den Lan- 
desgesetzen vor. 
Nach §8 8, 9 des oben S. 309 erwähnten PrG. vom 
31. Dezember 1842 muß, wer an einem Orte seinen Aufenthalt 
nehmen will, sich bei der Polizei melden, worüber ihm eine 
Bescheinigung zu erteilen ist, und ist auch der die Wohnung Ge- 
währende für die Bewirkung der Meldung verantwortlich; vgl. 
noch Vf. des Ministers des Innern vom 16. Januar 1904 über 
die Regelung des Meldewesens und KG. in DJgZ. 12 757 (vgl. 
auch Recht 14 36) über die Ungültigkeit einer die Anmeldung in 
drei Exemplaren vorschreibenden Polizeiverordnung. Die Be- 
stimmungen des Pr. beziehen sich nach dessen 8 14 nicht auf 
Fremde oder Reisende, über deren Aufnahme jedoch gleichfalls 
meist örtliche Polizeiverordnungen (und zwar auf Grund von
	        
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