Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

318 § 42. Paßwesen und Fremdeupolizei. 
1. Grundsätzliche Gleichstellung mit den 
Inländern. 
Völkerrechtlicher Grundsatz ist heute die Eröffnung 
des Inlands für die Staatsangehörigen aller Kultur- 
staaten und die Unterstellung der Ausländer unter Gesetz- 
gebung, Rechtspflege und Verwaltung des Aufenthalts- 
staats (subditi temporarü, S. 17). Daraus folgt weiter 
die grundsätzliche Gleichstellung der Ausländer mit den 
Inländern, insbesondere auf dem Gebiete des Privatrechts 
und der Ausübung der bürgerlichen Rechte überhaupt. 
Dem entspricht die Behandlung der Ausländer im Deut- 
schen Reiche, deren Zahl 1910 schon 1¼ Million über- 
stieg. 
Der Grundsatz der Gleichstellung der Ausländer mit den 
Inländern hinsichtlich der bürgerlichen Rechtsstellung ist das 
Ergebnis einer mehrtausendjährigen Entwickelung. Sowohl das 
griechische wie das römische und germanische Recht ging von 
der Rechtlosigkeit der Fremden aus. Im römischen Welt- 
reich sind die Unterschiede zwischen cives (Vollbürger mit con- 
nubium und commercium), Latini (mit bloßem commercium, d. h. 
Verkehrsrecht nach ius civile), peregrini (lohne connubium und 
commercium, aber mit einem gewissen Rechtsschutz nach ius gen- 
tium) unter den römischen Untertanen erst 212 n. Chr. 
durch Caracallas Lex Antoniniana de cwitate beseitigt worden, 
während die Rechtsstellung der nicht einmal zu den peregrini 
gehörenden Personen stets prekär blieb. Nach deutschem Recht 
war der Fremde (Elende, Wildfang) ursprünglich völlig rechtlos, 
wenn er sich nicht unter den Schutz (Munt) eines Volksgenossen 
begeben hatte. Später wurden solche muntlosen Fremden dem 
Schutze des Landesherrn unterstellt, der dafür gewisse Verms- 
gensrechte genoß (Fremdenregal: ius albinagii auf den achlaßt 
der im Inlande ohne Hinterlassung inländischer Erben verstor- 
benen Ausländer, später zu einer bloßen Abgabe, Abschoß, S. 11, 
abgeschwächt). Später erhielt sich die Zurücksetzung der Frem- 
den vor allem auf dem Gebiete des Grundstückserwerbs: soweit 
ihnen dieser überhaupt gestattet wurde, mußten sich die „Fo- 
rensen“ (Ausländer mit inländischem Grundbesitz) der inlän- 
dischen Gerichtsbarkeit ganz oder wenigstens für die den Grund- 
besitz betreffenden Klagen unterwersfen (Landsassiatus ple- 
nus bzw. minus plenus). 
m. Im Zivilrecht und Zivilprozesse wie im 
Strafrecht (vogl. StGB. § 3) und Strafprozeß 
ist die Gleichstellung in weitestem Umfange durchgeführt. 
a. Ausnahmen bestehen insbesondere:
	        
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