Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

330 8 43. Gewerbebetrieb. Allgemeines. 
ihm vornehmlich verdankte das deutsche Gewerbe des Mittelalters 
seine hohe Blüte. Aber der Mißbrauch dieser Macht (Schließung 
und Sperrung der Zünfte, Monopolisierung des Gewerbes in der 
Bannmeile) führte seit dem 17. Jahrhundert zum Verfall der 
Zünfte. Das alte Deutsche Reich (Reichsschluß von 1731) ver- 
mochte diesem nicht wirksam zu steuern; erst die Landesgesetz- 
gebung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zeitigte bessere 
Erfolge. 
2. Das ALR. (II, 8, 224 ff.) hatte den Zunftzwang bestätigt. 
Aber bei der Neuordnung des preußischen Staates durch Stein 
und Hardenberg wurden der Zunftzwang und die sonstigen Vor- 
rechte der Zünfte beseitigt, welch letztere nur als private Körper- 
schaften bestehn blieben (Einführung der Gewerbefreiheit durch 
Gewerbesteueredikt vom 2. November 1810; Gewerbepolizeiedikt 
vom 7. September 1811). Auch die preußische GewO. vom 
17. Januar 1845 hielt im allgemeinen an der Gewerbefreiheit 
fest, wogegen der durch Kgl V. vom 9. Februar 1849 eingeführte 
Befähigungsnachweis einen Rückschritt bedeutete. 
3. Nach der Errichtung des Norddeutschen Bundes wurde 
zunächst auf Grund von Art. 41 der Verfassung eine vorläufige 
Regelung der wichtigsten Punkte durch das „Notgewerbe- 
gesetz“ vom 8. Juli 1868 getroffen (Beseitigung des Zunft- 
zwangs, des Befähigungsnachweises, der Unterscheidung von Stadt 
und Land usw.). Eingehend wurde das Gewerbewesen geregelt. 
durch die Gewerbeordnung für den Norddeutschen 
Bund („GewO.“) vom 21. Juni 1869, die durch § 2 des R. 
vom 16. April 1871 zum Reichsgesetz erhoben und in Südhessen 
durch Art. 80 der Bundesverfassung (S. 198), in Württemberg 
und Baden durch RG. vom 10. November 1871, in Bayern (mit 
Sonderbestimmungen) durch RG. vom 12. Juni 1872 (geändert 
durch Rö. vom 23. Juli 1879), in Elsaß-Lothringen (ebenfalls 
mit besonderen Maßgaben) durch R. vom 15. Juli 1872 und 
27. Februar 1888, dagegen noch nicht in Helgoland eingeführt 
wurde. - « 
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rungen erfahren, hauptsächlich im Sinne einer Einschränkung 
der von ihr grundsätzlich anerkannten Gewerbefreiheit unter dem 
Einflusse der sozialpolitischen (L. 1 § 66) und Mittelstandsbe- 
wegung (H. I § 1b 3). Die wichtigsten Novellen vor 1900 
waren diejenigen vom 1. Juni 1891 („Arbeiterschutzgesetz“) und. 
vom 26. Juli 1897 („Handwerkergesetz“). 
c. Quellen des Gewerberechts. 
1. Reichsgesetzgebung. 
a. Die jetzige Fassung der GewO. beruht auf der 
Bekanntmachung vom 26. Juli 1900 und den 
Aenderungsgesetzen vom 14. 10. 1905, 7. 1. 1907, 30. 5. 
1908 („Kleiner Befähigungsnachweis“, S. 368), 29.6. 1908,
	        
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