Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

358 8 46. Gewerbliche Arbeiter. 
Pr Ausführ Anweis. z. VerG. v. 13. Mai 1908 Z. 9: Ent— 
sendung von Beauftragten der Polizei zulässig; Umgren— 
zung der Fälle des 86 III). 
Anderseits soll die Koalitionsfreiheit nicht miß— 
braucht werden. 
a. Zunächst ist daher nach GewO. 8 152 II die 
Teilnahme an Vereinigungen und Verabredungen behufs 
Erlangung günstiger Lohn= und Arbeitsbedingungen jedes 
rechtlichen Zwanges entkleidet: jedem Teilnehmer steht 
der Rücktritt jederzeit frei; Klage und Einrede finden 
nicht statt. 
b. Ferner wird nach § 153 — mangels Eingreifens 
härterer Strafvorschriften — mit Gefängnis bis zu drei 
Monaten bestraft, „wer andere durch Anwendung körper- 
lichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverletzung 
oder durch Verrufserklärung bestimmt oder zu bestimmen 
versucht, an solchen Verabredungen zum Behufe der Erlau- 
gung günstiger Lohn= oder Arbeitsbedingungen teilzu- 
nehmen oder ihnen Folge zu leisten, oder andere durch 
gleiche Mittel hindert oder zu hindern versucht, von sol- 
chen Verabredungen zurückzutreten“. q##### 2I 78. 
Nach neueren Erfahrungen wird von den rechtsstehenden 
Parteien bestritten, daß diese fubsidiäre Vorschrift (R St. 44 1) 
und die ordentlichen Strafbestimmungen gegen Nötigung, Er- 
pressung (z. B. RöSt. 21 110), Beleidigung usw. ausreichen, 
um die „Arb eitswilligen“ — von den Streikenden 
„Streikbrecher“ genannt — hinreichend zu schützen. Ein 
Gesetzentwurf „zum Schutz Arbeitswilliger“ wird vorbereitet; 
der 1899 eingebrachte Entwurf ist gescheitert (sog. Zuchthaus- 
vorlage, so genannt nicht nach den vorgeschlagenen Straf- 
bestimmungen, sondern nach einer Oeynhauser Rede Kaiser Wil- 
helms II., in der Zuchthaus verlangt wurde). Über die Zulässig- 
keit landesrechtlicher Verbote gegen das Streikpostenstehen 
vgl. S. 332. 
Die 88 152, 153 gelten auch für Apotheker= und Handlungs- 
gehilfen und -lehrlinge sowie für die Besitzer und Arbeiter von 
Bergwerken usw. (§8 154, 154 a), dagegen, wegen § 6, nicht 
für die Eisenbahnangestellten, bezüglich deren die Strafbestim- 
mungen der §§ 181, 182, 184 PrEGewO. noch als anwendbar 
angesehen werden, ebensowenig für das Gesinde und die länd- 
lichen Arbeiter, die nach PrG. vom 24. April 1854, betr. die 
Verletzungen der Dienstpflicht des Gesindes und der ländlichen 
Arbeiter, § 3 bestraft werden, wenn sie zwecks Einwirkung 
auf die Arbeitgeber oder auf die Obrigkeit die Einstellung oder
	        
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