8 46. Gewerbliche Arbeiter. 363
bruch von Streiks zur Veränderung von Lohnbedingungen
durch den Abschluß von Tarifverträgen“) hintanzu—
halten.
Man versteht hierunter — unter Ausscheidung der
von einem Arbeitgeber (oder einer Arbeitgebermehrheit)
mit einer Arbeitnehmermehrheit geschlossenen, auf die Ge-
genwart beschränkten „Kollektivarbeitsverträge“
— eine Vereinbarung, die ein Arbeitgeber (oder eine Ar-
beitgebervereinigung) mit einer Arbeitervielheit über die
Lohn= und die sonstigen Bedingungen künftiger Einzel-
verträge abschließt.
Die rechtliche Bedeutung des Tarifvertrags
und der beide Vertragsteile umfassenden, vielfach (vorbild-
lich im Buchdruckergewerbe seit 1896) mit eigenen Organen
versehenen „Tarifgemeinschaft“ ist streitig, und eine
gesetzliche Regelung und ein „Reichseinigungsamt“ wird
vielfach angestrebt.
Zu verwerfen ist die Lehre von der sog. Unabdingbar=
keit, wonach tarifwidrige Einzelabkommen ohne weiteres un-
wirksam sind und durch den Tarifvertrag ergänzt werden. Weit
auseinander gehen die Ansichten darüber, wer bei Zuwiderhand-
handlung gegen den Tarifvertrag schadensersatzberechtigt und
verpflichtet ist. Nach der kumulativen oder kombinierten Theorie
sind — mangels besonderer Bestimmungen — sowohl die zuwider-
handelnden Mitglieder als auch der das tarifwidrige Verhalten
duldende Verband haftbar gegenüber dem auf der Gegenseite
stehenden Verband und dem geschädigten Mitgliede des letzteren.
Das Reichsgericht (RGZ. 73 92) unterstellt den Tarifvertrag, der
kein Kampfmittel, sondern Abschluß oder Abwendung eines
Kampfes sei, nicht dem § 152 II GewO., erkennt bielmehr bei
tarifwidrigem Verhalten, z. B. einer Arbeiternehmervereinigung,
einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgeberverbands (in Höhe
der statutarischen Unterstützung des durch die Arbeitseinstellung
betroffenen Arbeitgebere) und nach BG. 8 328 des Arbeitgebers
selbst (wegen des die Unterstützung übersteigenden Schadens) an;
vgl. ferner RGZ. 81 4.
*) Imle, Tarifverträge (06); Köppe, D. Arbeitstarif-
vertrag (08); Mamroth, Gewerbl. Konstitutionalismus (11);
Rosent hal, Gesetzl. Regel. d. Tarifvertrags (08); Rund-
stein, Tarifrechtl. Streitfragen (07); Schall, D. Privatrecht
d. Arbeitstarifverträge (07); Sinzheimer, D. korporative
Arbeitsnormenvertrag (07); Wölbling, Akkordvertrag u. Ta-
rifvertrag (08); Zeitler, Rethtliche Natur d. Arbeitstarif-
vertrages (08).