§ 4. Das Staatsgebiet. 19
Die übliche Bezeichnung dieser Hoheitsbeschränkungen als
„Staatsservituten“ oder „Staatsdienstbarkeiten“ erweckt die Vor-
stellung, als wenn ihnen — entsprechend den Dienstbarkeiten
des Bürgerlichen Rechts — eine dingliche, jeden Nachfolger
bindende Wirkung zukäme. In Wahrheit handelt es sich hierbei
aber lediglich um völkerrechtliche Verpflichtungsverhältnisse.
b. Umfang der Gebietshoheit.
Die Gebietshoheit ergreift das gesamte Staats-
gebiet.
1. Das Staatsland
ist der von den Staatsgrenzen umschlossene Teil der
Erdoberfläche.
a. Die Grenzen können natürliche sein (Wasser-
scheide bei Gebirgen, Talweg bei Flüssen, Ebbetiefstand
beim Meer) oder künstliche (ortsgeographisch be-
stimmte).
8. Einzelne Landesteile können von fremden
Ländern unschlossen, also ohne unmittelbaren Zu-
sammenhang mit dem Hauptteile sein; so Ostpreußen und
die rheinisch-westfälischen Staatsteile im Verhältnis zu
Brandenburg vor dem Erwerb der Zwischenländer, und
noch heute die oldenburgischen Fürstentümer Lübeck (Hol-
stein) und Birkenfeld (Rheinprovinz).
Das von fremdem Land umschlossene Gebiet ist vom Hei-
matstaat aus gesehen ein Exklave, vom unschließenden Ge-
biet aus betrachtet eine Enklave dieses Gebiets. Birkenfeld
ist 3z. B. von Oldenburg aus: eine in Rheinpreußen belegenzg
Exklave, von der Rheinprovinz aus: eine zu Oldenburg gehörende
Enklave.
J. Die überseeischen Kolonien gehören völker-
rechtlich jedenfalls zum Mutterland. Diesem steht so-
mit die Gebietshoheit darüber, also die alleinige Aus-
übung der Staatsgewalt zu, während es im Hinterland
der Kolonien (der sog. Interessensphäre) lediglich
das alleinige Okkupationsrecht hat und zwecks dessen
Aufrechterhaltung jeden Eingriff einer anderen Staats-
gewalt zurückweisen kann.
Die staatsrechtliche Stellung der Kolonien, ins-
besondere in Ansehung der Verfassung, der Gesetzgebung,
des Indigenats, d. h. der Behandlung der Einwohner als
Inländer, bestimmt sich nach den positiven Rechten des