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eine Aufteilung des Staates unter seine Erben vorzu-
nehmen, während heute die Unteilbarkeit des Staates
und die Vererbung durch Individualsukzession überall
Verfassungsgrundsatz ist (z. B. Pr Vu. Art. 1, 2, 53).
8§ 5. Die Staatsgewalt.
a. Die Staatsgewalt. Allgemeines.
1. Staatsgewalt und Souveränität.
Das dritte Erfordernis des Staatsbegriffs außer
„Land und Leuten“ ist die Staatsgewalt, d. h. eine Rechts-
macht, die die mit dem Staatsgebiet zusammenhängenden
Personen zu einer begrifflichen Einheit zusammenfaßt.
Bis in die neuere Zeit wurde nach dem Vorgange
von Bodin (einem französischen Rechtsphilosophen unter
Heinrich IV., Six livres de la république, 1576) die
Staatsgewalt als Souveränität (von superanus,
Suprema potestas, Supremitas = souveraineté, maiestas)
bezeichnet. Heute sind die meisten Staatsrechtslehrer
(Laband, Anschütz, Rehm, Schmidt, dagegen Seydel, Zorn)
sich darüber einig, daß die Souveränität zwar eine
Eigenschaft der Staatsgewalt ist, aber sich nicht mit
dieser deckt, daß zum Begriffe des Staates eine Staats-
gewalt, aber nicht notwendig eine souveräne Staats-
gewalt gehört, und daß man daher neben souveränen auch
nichtsouveräne (sog. halbsouveräne) „Staaten“ an-
erkennen kann, die sich trotz des Mangels der (vollen)
Souveränität scharf von den sonstigen, einem „Staat“
untergeordneten „Gebietskörperschaften“ (HPro-
vinzen, Kreisen, Gemeinden) unterscheiden (S. 28).
Die Revision des Begriffes „Souveränität“ ist insbesondere
gelegentlich der Entstehung von Bundesstaaten notwendig ge-
worden (S. 27, 123).
2. Das Wesen der Souveränität.
a. Souverän ist die Staatsgewalt, wenn sie in
keiner Beziehung einer anderen Gewalt un-
tergeordnet ist.
Als souver än bezeichnet man nicht nur die Staaten
mit höchster, völlig unabhängiger Gewalt (Staatssou-
veränität — höchste Gewalt des Staats), sondern
auch die Träger der Staatsgewalt in solchen Staaten