Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

138 § 58. Das Vereinswesen. 
tragen Berechtigten (z. B. Polizeibeamte) oder die be- 
hördlich Ermächtigten nicht unterworfen sind. 
Zu den letzteren gehören u. a. Schützengilden (vgl. AusfUf. 
vom 13. Mai 1908 Ziff. 12 und OWG. 60 339) und Krieger- 
vereine, die auch sonst in manchen Beziehungen eine Sonder- 
stellung einnehmen (so bzgl. der Trauerparade; vgl. i. allg. 
ArO. vom 22. Februar 1842 und 6. Juni 1844, Min Erl. vom 
6. Mai 1899 und 13. August 1900; Recht 12 212). 
c. In allen öffentlichen Versammlungen sind ferner 
nach dem bekannten „Sprachen-Paragraphen“ 
(§ 12) die Verhandlungen in deutscher Sprache zu 
führen. Diese Vorschrift ist jedoch nicht anwendbar: 
1) auf internationale Kongresse; 
2) auf Wählerversammlungen für den Reichstag und 
die Landtage vom Tage der amtlichen Bekanntmachung 
bis zur Beendigung der Wahlhandlung; 
3) für 20 Jahre nach dem Inkrafttreten des Ver G., 
d. h. bis zum 15. Mai 1928 in Landesteilen, in denen 
bei Inkrafttreten des Ver G. alteingesessene Bevölkerungs- 
teile nichtdeutscher Muttersprache vorhanden waren, so- 
fern diese nach der jeweilig letzten Volkszählung 60% 
der Gesamtbevölkerung übersteigen (die für Preußen in 
Betracht kommenden Kreise der Provinzen Ost- und West- 
preußen, Posen, Schlesien, Schleswig-Holstein sind ver- 
zeichnet in der Verf. vom 8. Mai 1908, die Kreise Nei- 
denburg, Obornik und Zabrze sind auf Grund der Volks- 
zählung von 1910 ausgeschieden); jedoch hat der Ver- 
anstalter 72 Stunden vorher der Polizei Anzeige zu 
erstatten. 
Weitere Ausnahmen kanu die Landesgesetzgebung 
bzw. die Landeszentralbehörde zulassen (in Preußen ge- 
schehen durch Ausf Vo. Ziff. II). 
d. Die Polizeibehörde kann in öffentliche Versamm- 
lungen, und zwar nach der herrschenden Meinung (so auch 
R. im Recht 11 Nr. 2035; dagegen enger O#G. 58 288) 
nicht nur in politische, Beauftragte, aber nicht mehr 
als zwei, entsenden, die sich dem Leiter oder Veranstalter 
der Versammlung zu erkennen geben müssen, einen an- 
gemessenen Platz zu beanspruchen haben und aus be- 
stimmten Gründen die Versammlung für aufgelöst er- 
klären können (88 13 f.); dieser Erklärung ist selbst dann
	        
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