452 §5 60. Das Reichsvermögen.
leihe (vgl. Reichsschuldenordnung — „RöSchO.“ — vom
19. März 1900 mit Anderungs G. vom 22. Februar 1904 98 1 ff.)
erfolgt durch Verkauf. Da die Inhaber der Schuldverschreibungen
ohne Fälligkeit ein Kündigungsrecht gegen das Reich nicht haben
(ReSchO. § 6 II) und die unten zu erwähnenden Tilgungsvor-
schriften der Finanzgesetze von 1906 und 1909 nur etatsrechtliche
Bedeutung besitzen, nicht aber den Gläubigern einen Rückzahlungs-
anspruch einräumen, so beschränkt sich tatsächlich das Gläubiger-
recht auf eine Rente. Dem Reiche dagegen ist das Recht vorbe-
halten, die umlaufenden Schuldverschreibungen insgesamt oder
in Teilbeträgen zur Einlösung gegen Barzahlung des Nenn-
betrags binnen einer gesetzlich festzusetzenden Frist zu kündigen
(RSchO. § 6.
Über die Begründung von Buchschulden pgl. das Reichs-
schuldbuchh. vom 31. Mai 1910 (G. § 16 b af), über
Zwangsanlegung in Reichs= (und preußischen) Anleihen
Prh. vom 25. Juli 1910, betr. die öffentlichen Feuer-
versicherungsanstalten, § 19 II, RVO. 88 718 Il, 1356 I,
Angest WG. §§ 226, 381 und PrEG. vom 23. Dezember 1912,
betr. die Anlegung von Sparkassenbeständen in Inhaberpapieren.
b. Die Schulden des Norddeutschen Bundes und die infolge
des deutsch--französischen Krieges ausgenommene Anleihe waren
1873 nahezu völlig getilgt. Die ersten Reichsschuldverschreibungen
wurden 1877 ausgegeben. Seit 1887 vermehrte sich die Reichs-
schuld in erheblich stärkerem Maße als bisher, hauptsächlich in-
folge der Aufwendungen für Heer und Flotte und der weiten
Auslegung des Begriffs eines „außerordentlichen Bedürfnisses“
(S. "zun 1890 überstieg sie bereits eine Milliarde Mark, um 1910
bis auf 5,02 Milliarden (einschließlich der Reichskassenscheine)
anzuwachsen. ·
c. Die Tillgung der Anleihe geschieht nach RSchO. 8 5
in der Weise, daß die durch den Haushaltsplan dazu bestimmten
Mittel zum Ankauf einer entsprechenden Anzahl von Schuld-
verschreibungen verwendet werden, wobei aber die durch be-
sondere Gesetze angeordnete Verminderung der Schuld durch Ab-
setzung vom Anleihesoll einer Tilgung gleichgeachtet werden soll
„fiktive Schuldentilgung durch fiktive Anleihe"). Die letztere
rt der Schuldentilgung ist auch noch in § 4 des R. vom 3. Juni
1906 (S. 444) und in dem diese Bestimmung vom 1. April 1911
ab außer Kraft setzenden § 3 des Finanzgesetzes vom 15. Juli
1909 für zulässig erklärt. Dieses stellt für die Tilgung der Reichs-
anleiheschuld vom 1. April 1911 ab folgende Grundsätze auf:
Die bis 30. September 1910 ausgegebenen Anleihen zu werbenden
Zwecken sind nach den dafür geltenden früheren Bestimmungen,
die bis 30. September 1910 begebenen sonstigen Anleihen zu
jährlich mindestens 1% des am genannten Tage vorhandenen
Schuldkapitals unter Hinzurechnung der ersparten Zinsen, das
vom 1. Oktober 1910 ab begebene Schuldkapital zu jährlich min-
destens 1,9% bei werbenden Zwecken, im übrigen zu
jährlich mindestens 3%% unter Hinzurechnung der ersparten