Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

26 § 5. Die Staatsgewalt. 
schließt auch jede Gerichtsbarkeit des einen über 
den anderen aus; vgl. Z. I § 13 b 2. 
b. Nach innen hin (staatsrechtlich, gegenüber 
den der Staatsgewalt unterworfenen Personen und Sa- 
chen) bedeutet die Souveränität: die unbedingte Ueber- 
ordnung des Staates. 
Ehemals sprach man von Souveränitätsrechten 
(iura maiestatica) und schied sie in äußere (ius legationum, ius. 
foederum et tractatuum, ius belli ac pacis) und innere (Mili- 
tär-, Justiz-, Polizei-, Finanzhoheit). Es handelt sich bei dieser 
— auf der irrigen Gleichstellung von Souveränität und Staats- 
gewalt (S. 23) beruhenden — Einteilung nicht um Eigenschaften 
der Souveränität, die aus deren Wesen als höchster Gewalt 
folgen, sondern um Betätigungen der Staatsgewalt als solcher, 
und diese Betätigungen brauchen sogar nicht immer vom Staate 
selbst aus zugehen, sondern können den in ihnen bestehenden nicht- 
staatlichen Gebietskörperschaften überwiesen sein (z. B. die Be- 
steuerung durch die Kommunen). 
c. Keinen Einfluß auf die völkerrechtliche Souveräni- 
tät eines Staates hat seine Stellung unter das Pro- 
tektorat eines anderen Staates (San Marino unter 
Italien, Monaco unter Frankreich). 
Man verwendet irreführenderweise übrigens das Wort 
„Protektorat“ auch für die Gebietshoheit über Kolonien und für 
Befugnisse in deren Hinterland, der sog. Interessensphäre. Vgl. 
S. 116 und über die Akzessionsverträge, insbesondere zwischen 
Preußen und Waldeck, S. 106. 
d. Ebensowenig wird die Souveränität eines Staa- 
tes beeinträchtigt durch seine Neutralisierung, meist 
unter Kollektivgarantie der Großmächte und der sonst 
beteiligten Staaten zur Schaffung sog. Puffer staa- 
ten, Etats tampons, an deren Erhaltung die benach- 
barten Staaten ein Interesse haben. 
Neutralisiert ist die Schweiz (Erklärung der Großmächte 
vom 20. November 1815); Belgien nebst dem (mit ihm seit 
seiner Entstehung ([1885] bis 1908 nur in Personalunion ver- 
bundenen, seit 1908 ihm einverleibten) Kongostaat (Ver- 
träge vom 15. Nov. 1831 u. 19. April 1839; Kongoakte Art. 10) 
und Luxem burg (Londoner Vertrag vom 11. Mai 1867). Die 
Neutralisierung bezieht sich zuweilen nur auf gewisse Staats- 
teile, z. B. die internationalen Strömez; so die Do- 
nau bis hinauf zum Eisernen Tor (Berliner Vertrag vom 
13. Juli 1878), der Kongo und der Niger (Generalakte der 
Berliner Konferenz vom 26. Februar 1885); ferner der Suez- 
kanal (Internat. Vertrag vom 29. Oktober 1888) und der
	        
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