§ 61. Der Reichshaushalt. 459
Genehmigung der gesetzgebenden Faktoren nachzusuchen, wenn
die Regierung unaufschiebbare außeretatsmäßige Ausgaben ge-
macht hat.
8. Für die privatrechtliche Giltigkeit der
vom Reiche mit Dritten abgeschlossenen Rechtsgeschäfte ist
es, sofern das Reich durch die zuständige Behörde ver-
treten war, unerheblich, ob die vom Reiche zu leistende
Zahlung in den Etat eingestellt oder eine außeretats-
mäßige Ausgabe ist. Ebensowenig folgt ein privatrecht-
licher Anspruch aus der Einstellung einer Ausgabeposition
in den Etat.
c. Einnahmen.
1. Veranschlagung.
Nach RV. Art. 69 (oben S. 456) müssen alle Ein-
nahmen für jedes Jahr „veranschlagt“ und auf den
Reichshaushalts-Etat gebracht werden. Die Verfassung
spricht — ebenso wie das Vorbild, der Art. 99 der Pr V.
— nur von Veranschlagung, nicht von Bewilligung der
Einnahmen, und in der Tat besteht z. B. im all-
gemeinen kein wirkliches Einnahmebewilli-
gungsrecht des Reichstags. Dies gilt zunächst
von den privatwirtschaftlichen Einkünften des Reichs, die
ja in der allgemeinen Privatrechtsordnung begründet sind,
ebenso aber auch von den auf dauernden gesetzlichen Titeln
beruhenden Einnahmen aus Zöllen und Steuern (der in
PrI. Art. 100, S. 685, ausgedrückte Grundsatz ist auch im
Reich anwendbar). In dieser Beziehung bilden die An-
sätze des Etats nur rechnerische Schätzungen.
Die Matrikularbeiträge dürfen freilich nur in Höhe
des budgetmäßigen Betrags durch den Reichskanzler aus-
geschrieben werden (Art. 70 I, vgl. oben S. 443); sie setzen
also eine Bewilligung voraus. Aber diese muß nach
Art. 70 I, 2 zur Deckung eines etwaigen Fehlbetrags er-
teilt werden. Ein Einnahmebewilligungsrecht des Bun-
desrats und des Reichstags ist ferner durch den mehr-
fach erwähnten § 10 des RE. vom 25. Mai 1873
(S. 448, 458) begründet.
2. Quellen der Reichseinnahmen.
a. Die gemeinschaftlichen Einnahmen
des Reichs fließen (vgl. Art. 70 I, 1) „aus den Zöllen