Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

476 8 61. Der Reichshaushalt. 
des Etatsjahrs nicht fertiggestellt wird, hat die 
NV. nicht Vorsorge getroffen. Die Praxis behalf sich 
früher mit einem Notgesetz, in welchem zur vorläu- 
sigen Regelung die Ausgaben für jeden Monat auf 1/12 
des vorhergehenden Jahresetats festgesetzt worden. Neuer- 
dings wird bis zur gesetzlichen Feststellung des Etats der 
Reichskanzler durch das Notgesetz ermächtigt, für die 
kommenden Monate alle Ausgaben zu leisten, die zur 
Erhaltung gesetzlich bestehender Einrichtungen und zur 
Durchführung gesetzlich beschlossener Maßnahmen erfor- 
derlich sind, ferner die rechtlich begründeten Verpflichtun- 
gen des Reichs zu erfüllen und hierzu, soweit die son- 
stigen Einnahmen nicht ausreichen, Matrikularbeiträge 
in den Grenzen der letzten Bewilligung auszuschreiben 
sowie Schatzanweisungen auszugeben (vgl. RG. vom 26. 
März 1914). 
8. Kommt überhaupt kein Etatsgesetz zu- 
stande, so darf dadurch die Finanzwirtschaft des Reichs 
nicht in Stillstand geraten. Anschütz nimmt hier eine echte 
Lücke im Recht an, bei der das Staatsrecht aufhöre. An- 
ders die herrschende Meinung. Die Regierung hat darnach 
die rechtlich feststehenden Einnahmen einzuziehn, die not- 
wendigen Ausgaben zu leisten (vgl. S. 475); für willkür- 
liche Ausgaben ist sie wie für außeretatsmäßige Aus- 
gaben (S. 459) verantwortlich. Immerhin aber ist die 
Führung der Wirtschaft ohne Etatsgesetz nicht verfassungs- 
mäßig; denn sie widerspricht dem Art. 69 der RB. In 
solchem Falle, wie überall, wo die Regierung Handlungen 
ohne eine verfassungsmäßig vorgeschriebene gesetzliche 
Grundlage vornimmt, bedarf sie ohne Rücksicht auf die 
Gründe ihres Vorgehens der Entlastung durch die gesetz- 
gebenden Faktoren, der Erteilung der Indemnität 
S. 167). 
" 60 das preußische Indemnitäts G. von 1866 vgl. S. 518 
Der Ausdruck der Indemnitätserteilung ist übrigens mehrdeutig 
und wird auch für die Genehmigung einfacher Etatsüberschrei- 
kungen (S. 458) oder außeretatsmäßiger Ausgaben (S. 459) ge- 
6. Die Kontrolle der Finanzverwaltung. 
a. Die Kontrolle des gesamten Reichshaushalts (auch 
des Landeshaushalts von Elsaß-Lothringen und des 
 
	        
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