§ 5. Die Staatsgewalt. 29
ordinierten und sie in ihrer Betätigungsfreiheit hemmen-
den Gewalten: der Autonomie der Städte, der gutsherr-
lichen Gewalt, vor allem der Macht der Kirche aufge-
räumt, während diese Entwickelung sich in Frankreich
und England schon viel früher vollzogen hatte. A
In England führte die normännische Eroberung (Wil-
helm I., 1066, Schlacht bei Hastings) zur absoluten Monarchie,
in der die Ausbildung ständischer Gewalten und selbständiger
Grundherrschaften unmöglich war, wenngleich auch hier die großen
Grundherren einen Einfluß auf die Regierung gewannen (S. 101),
aber nicht im Gegensatz zum Staate, wie die Stände in Deutsch-
land (S. 84f.), sondern als seine Faktoren. Schon Hobbes
(1588—1679, „Leviathan, seu de materia, forma et potestate
civitatis ecclesiasticae et civilis“, 1651), der Erzieher Karls II.
und Verfechter der Stuartschen Autokratie, vergleicht den Staat
mit einem großen, alles verschlingenden Tier. In Frankreich
wurde die Selbständigkeit der feudalen Gewalten schon unter
Ludwig XI. (1461—1483) vernichtet; die Staatsgewalt war unter
Ludwig XIII. (1610—1643, Richelien 1624—1642) und vor allem
unter Ludwig XIV. (1643—1715, Mazarin 1642—1661) in der
Hand des absoluten Herrschers vereinigt. Dagegen scheiterten
in Deutschland die Versuche Karls V. (1519—1556) und
vor allem Ferdinands II. (1619—1637), auf der Grundlage der
Habsburgischen Hausmacht Deutschland zu einem absoluten Ein-
heitsstaate umzugestalten, an der Stärke der Territorialherren,
die sich mit den Reichsfeinden, Frankreich und Schweden, gegen
den Kaiser verbündeten.
b. Subjekt, Träger, Organe der Staats-
gewalt.
1. Subjekt (Inhaber) der Staatsgewalt
ist der Staat selbst, ebenso wie jede natürliche oder
juristische Person Subjekt (Inhaber) der ihr zustehenden
Rechtsmacht ist.
Objekt der Staatsgewalt sind die ihr unterwor-
fenen Personen, die Untertanen (sujets), nämlich die
Staatsangehörigen und die im Inlande befindlichen
Staatsfremden, aber nicht im eigentlichen (sachenrecht-
lichen) Sinne des Wortes Objekt (Gegenstand), sondern
nur im Sinne von verpflichteter Person (Pflichtsubjekt).
2. Organe und Träger der Staatsgewalt.
Wie jede andere juristische Person (L. 1 8 14 a),
ist auch der Staat ein zwar tatsächlich vorhandenes (re-
ales, nicht fingiertes), aber doch nur gedachtes (vorge-