§ 65. Verfassung und Verwaltung in den Schutzgebieten. 503
Schutzgebiete staatsrechtlich als Inland anzusprechen. Sie
sind Reichsnebenland, gehören also nicht zum Bun-
desgebiete. Deshalb bedarf der Kaiser (RV. Art. 11 II)
zur Kriegserklärung der Zustimmung des Bundesrats auch
dann, wenn ein Angriff auf ein Schutzgebiet erfolgt
ist (streitig). Jellinek sieht die Schutzgebiete als „Staats-
fragmente“ an, weil sie zwar eigenes Gebiet und eigene
Angehörige, nicht aber eigene staatliche Persönlichkeit be-
säßen; die vermögensrechtliche Persönlichkeit (S. 497) be-
ruhe auf anstaltlichem, nicht auf korporativem Typus.
Stellt man freilich den Gegensatz darauf ab, welche Reichs-
gesetze in den Schutzgebieten gelten oder nicht gelten, so
kann man die letztern bald als Inland, bald als Aus-
land bezeichnen, aber nur in dem Sinn, in dem man z. B.
die süddeutschen Staaten als Ausland gegenüber der
Brausteuergemeinschaft (S. 1467) erklärt.
3. Eine ganz andere Bedeutung endlich hat die
Frage, ob die Schutzgebiete als Inland oder Ausland
im Sinne der diese Ausdrücke oft gebrauchenden
Reichsgesetze anzusehen sind.
Diese Frage ist von der zu 2 a. E. erörterten unabhängig:
das BGB. gilt im allgemeinen auch in den Schutzgebieten; aber
i. S. des § 1944 III (sechsmonatige Ausschlagungsfrist) sind
die Schutzgebiete Ausland. Umgekehrt gilt zwar die RVO., weil
öffentlichrechtlich, in den Schutzgebieten nicht, und doch sind diese
Inland im Falle des § 1315. In letzterem Paragraphen und
auch sonst häufig bestimmt das Gesetz ausdrücklich, ob die Schutz-
gebiete als Inland oder Ausland zu betrachten sind, so im
SchGG. § 9 III. Reichs= und StaatsangehörigkeitsG. 8 2 II,
Seemanns O. 8 6 usw. Von der Möglichkeit, gemäß Sch GG. 8 3,
Konse#G. § 26 durch Kaiserliche Verordnung zu bestimmen, inwie-
weit die Schutzgebiete i. S. der in den §§ 19, 22 Kons GG. bezeich-
neten Gesetze als deutsches Gebiet oder Inland oder als Ausland
anzusehn sind, ist bisher kein Gebrauch gemacht. In Zweifels-
fällen ist daher die Bedeutung des Ausdrucks aus dem Gesetzes-
zweck zu entnehmen: unterscheidet das Gesetz zwischen Inland
und Ausland mit Rücksicht auf die örtlichen Entfernungen und
die dadurch herbeigeführte Schwierigkeit oder Langsamkeit der
Verständigung, so sind auch die Schutzgebiete als Ausland zu
betrachten (Beispiel: BGB. 8 1944 III). Beruht dagegen die
Unterscheidung auf der verschiedenen Bewertung deutscher und
fremder Staatsgewalt, dann sind die Schutzgebiete dem Inlande
gleichzustellen, so für 8PO. 8§ 328 (urteile der Schutzgebiets-
gerichte sind im Inlande ohne weiteres vollstreckkbar und umge-
kehrt);, vgl. noch Z. 1 88 11 82d, 81 28, Z. II 88 136, 17 18. über-