Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 5. Die Staatsgewalt. 31 
fassung, d. h. die Generalordnung des Staates, be- 
stimmt, welche Organe gebildet werden, und welche ört- 
liche und sachliche „Zuständigkeit“ (Kompetenz) sie 
haben sollen. Die Staatsverfassung bestimmt aber auch 
dasjenige Organ, das als höchstes den Staat zu reprä- 
sentieren und die Staatsgewalt auszuüben berufen ist, den 
„Träger der Staatsgewalt“. Dieses Organ ist 
nicht nur allen anderen Organen übergeordnet, sondern 
repräsentiert den Staat in allen Beziehungen, in denen 
nicht durch die Verfassung das Handeln namens des 
Staates einem anderen Organ überwiesen ist; d. h. der 
„Träger der Staatsgewalt“ hat die Vermutung der 
Zuständigkeit zum Handeln namens des Staates 
für sich. 
Im Sinne von hoöchstgestelltem und umfassendstem 
Ausüber der Staatsgewalt bezeichnet man (S. 23) zu- 
weilen auch den Träger der Staatsgewalt als Sou- 
verän (Organsouveränität) und unterscheidet (S. 66) 
nach den Personen, die zu dieser höchsten Ausübung als 
„Träger“ der Staatsgewalt berufen sind: Fürsten- 
souveränität (Monarchie) und Volkssouveräni- 
tät (Demokratie); zwischen diesen beiden äußersten Gegen- 
sätzen steht die parlamentarische Monarchie, bei 
der der Fürst und das durch das Parlament vertretene 
Volk zusammen nach den durch die Verfassung gegebenen 
Zuständigkeitsnormen „Träger der Staatsgewalt“, d. h. 
höchstes Organ, sind, wie in England (King in Parlia- 
ment), unten S. 102. 
Im Deutschen Reiche ist Träger der Staatsgewalt 
die „Gesamtheit der verbündeten Regierungen“ (vgl. über diesen 
von Bismarck geprägten Ausdruck S. 206); in den Gliedstaaten 
selbst ist der Landesherr das höchste Organ, in den Hansestädten 
aber gemäß ihrer Verfassungen „Senat und Bürgerschaft“. 
J. Die Staatsorgane werden verschiedenartigen Ein- 
teilungen unterworfen. 
a. Man spricht von unmittelbaren und mit- 
telbaren Organen, je nachdem die Organstellung auf 
der Verfassung beruht (wie die des „Trägers der Staats- 
gewalt“) oder sich aus der Bestellung durch ein anderes 
(höheres) Staatsorgan ableitet (wie die der Staats- 
beamten). 
Heilfron, Staats= und Verwaltungsrecht. 4
	        
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