Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 66. Von der Begründung des Staates usw. 509 
neuen Erwerbungen, die z. T. noch lange von fremden Truppen 
besetzt blieben. 
2. Die unumgängliche Vereinheitlichung setzte bei der Ver- 
waltung ein. Joachim Friedrich hatte 1604 den „Geheimen 
Rat“ als kollegialisch organisierte Zentralverwaltungsbehörde 
nach dem Muster des in Frankreich bereits seit dem 13. Jahr- 
hundert bestehenden Conseil du Roi, späteren Conseil d’'Etat, 
und des diesem gleichfalls nachgebildeten Reichshofrats (Z. I 
§ 4b2 ob) geschaffen, zunächst freilich nur mit beratender 
Stimme. Seit der Neuen Geheimratsordnung vom 4. Dezember 
1651 zerfiel der Geheime Rat in 19 Departements, und seine 
Zuständigkeit wurde auf sämtliche Länder ausgedehnt. In den 
einzelnen Gebieten wurden Regierungen oder Regierungskollegien 
und Amtskammern nach neumärkischem Vorbilde (S. 508) ein- 
gerichtet; über den Amtskammern erhob sich als oberste Ver- 
waltungsbehörde für die Domänen und Regalien die Geheime 
Hofkammer (seit 1678 bzw. 1689). Vor allem aber wurde 
das Heer zu einem wichtigen Bindegliede, neben dem die Miliz- 
verfassung schließlich verkümmerte. 1620 hatten die märkischen 
Stände die Mittel für ein kleines Söldnerheer zur Verfügung 
stellen müssen. Die kriegerischen Zeiten machten das Heer zur 
dauernden Staatseinrichtung, und als der I. von 1654 Stände 
und Untertanen zur Leistung der für die Landesverteidigung 
nötigen Gelder für verpflichtet erklärte, wurden die frändlches 
Steuerbewilligungen allmählich zur bloßen Form. Nachdem 1662 
die brandenburgischen Stände die Mittel für das stehende Heer 
dauernd bewilligt hatten, blieb schließlich, ohne formelle Auf- 
hebung des ständischen Rechts, das landesherrliche Besteuerungs- 
recht übrig. Die Steuer für das Heer war teils eine Grundsteuer 
(Kontribution), teils — in den meisten Städten — eine Ver- 
brauchsabgabe (Akzise). Die zum Unterhalte des Heeres dienenden 
Abgaben wurden an die für die einzelnen Provinzen bestellten, 
dem Generalkriegskommissar unterstehenden Oberkommissare ab- 
geliefert, unter denen Kommissare das Intendanturwesen der ein- 
zelnen Truppenteile verwalteten. Generalkriegskommissariat und 
Oberkommissariate (auch Kriegskammern genannt) verwandelten 
sich — letztere nach dem Muster der Amtskammern (S. 508) — 
um das Ende des 17. Jahrhunderts in kollegiale Behörden, 
und die Kommissariate eigneten sich fast Überall nicht nur die 
Steuerverwaltung und die Rechtsprechung in Steuersachen, son- 
dern auch andere Zweige der inneren Verwaltung an. 
Gestützt auf das brandenburgische Hear und in zielbewußter 
Politik setzte der Große Kurfürst die Anerkennung der Souve- 
ränität Preußens durch (Verträge zu Labiau, 1656, und 
Wehlau, 1657, und Frieden zu Oliva, 1660). Den Widerstand 
der preußischen Stände unterdrückte er mit Gewalt (Einkerkerung 
des Schöppenmeisters Rhode; Hinrichtung des Obersten v. Kalk- 
stein). Das im Kriege gegen Schweden eroberte Land (Vor- 
pommern, Stettin, Stralsund usw.) mußte er freilich den Schwe- 
den zurückgeben (Frieden zu St. Germain, 1679), wie er auch
	        
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