510 8 67. Von der Ausbildung des absoluten Staates usw.
die 1675 ihm erwachsenen Erbansprüche aus der Erbverbrüde-
rung v. 1537 mit den Herzögen v. Liegnitz, Brieg u. Wohlau
Osterreich gegenüber nicht mit Erfolg geltend zu machen ver-
mochte. Immerhin stellten die brandenburgischen Besitzungen
am Gnde der Regierungszeit des Großen Kurfürsten infolge ein-
heitlicher Organisation, einheitlichen Heeres und einheitlicher Post
(vgl. H. II § 33 a 2) einen starken Gesamtstaat dar, der, ab-
gesehen von seinem Verhältnisse zum Reich, als Realunion (S. 112)
bezeichnet werden kann und in dem die ständischen Rechte auf
politischem Gebiete von der landesherrlichen Gewalt überwunden
worden sind. Das Testament des Großen Kurfürsten, das für
nachgeborene Söhne erbliche Statthalterschaften über bestimmte
Landesteile vorsah, kam nicht zur Vollziehung, auch die 1689 be-
gründete Fideikommißherrschaft der Markgrafen zu Brandenburg-
Schwedt fiel nach deren Aussterben 1788 an die Hauptlinie
zurück.
Seit Friedrich III. (1688—1713) wurden die Leiter der
obersten Behörden und der obersten Gerichte in den Geheimen
Rat berufen, der so, unter dem Vorsitz eines „Oberpräsidenten“,
die Bedeutung eines Staatsministeriums erlangte. Nachdem
Friedrich 1701 mit Zustimmung des Kaisers den Titel eines
Königs in Preußen angenommen hatte, erschienen die sämtlichen
Provinzen als die „Königlich Preußischen Staaten"“. Nur das
1707 aus der oranischen Erbschaft (Luise Henriette, die Gemahlin
des Großen Kurfürsten, entstammte dem oranischen Haus) er-
worbene, 1857 wieder aufgegebene Neuschätel mit Valengin
(S. 109) blieb in bloßer Personalunion. "
§67.II.BonderAusbildungdesabfolutenStaatcs
bis zur Verfassungsurkunde.
a. Der absolute Staat bis zum Zusammen—
bruche.
1. Die Einheit des Gesamtstaats befestigte Friedrich Wil—
helm I. (1713--1740; vgl. S. 85 über sein berühmtes Wort
von der „Stabilierung der Souveränität“) durch sein Hausgesetz
vom 13. August 1713, das die Unveräußerlichkeit der damaligen
und der künftig zu erwerbenden Gebiete unb der Domänengüter
aussprach, welch letztere dadurch tatsächlich (ausdrücklich später
durch ALR. II, 14, 11 f.) zum Staatseigentum erklärt wurden
(vgl. S. 552). Noch weiter ging das Pactum Fridericianum von
1752, indem es bestimmte, daß Ansbach und Baireuth nach
ihrem Rückfall an Preußen nicht wieder als Sekundo= und
Tertiogenituren ausgegeben werden sollten. Unter Friedrich Wil-
helm I., Friedrich dem Großen (1740—1786, König von Preu-
ßen, nach der ersten Teilung Polens, 1773), Friedrich Wilhelm II.
(1786—1797) und zunächst auch unter Friedrich Wilhelm III.
(1797—1840) dehnte sich der Besitzstand gewaltig aus. Aber
gerade das starke Anwachsen in den letzten Zeiten des alten
Staats war verhängnisvoll. Denn das berufsmäßige Beamten-