Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 67. Von der Ausbildung des absoluten Staates usw. 313 
Verwaltungsgeschäfte hatten sie freilich zum größten Teil (außer 
den Lehns-, Loheits- und Gnadensachen) an die Kriegskommissa- 
riate (S. 509), später die Kriegs= und Domänenkammern (S. 511) 
abgegeben. Cocceji verschmolz nun bei seinen Revisionsreisen die 
noch bestehenden Regierungen überall mit den Obergerichten. Da- 
her entstand in den meisten Landesteilen für die Landesjustizkol- 
legien die Bezeichnung „Regierung“; vgl. 8S. I 85b 2. 
J. Die so geschaffene Organisation hat in der Folgezeit noch 
mehrfache Veränderungen erlitten, insbesondere durch die mehr 
und mehr hervortretende persönliche Regierung des Königs, 
welche zu einer immer größeren Anzahl von Einzelministern 
innerhalb der drei großen Kollegialministerien und dadurch zum 
Verluste der für die Zentralbehörde unbedingt erforderlichen 
Einheit führte. So bestanden Ende des 18. Jahrhunderts bereits 
vier Kollegialministerien: 
a. das Auswärtige Departement für die auswär- 
tigen Angelegenheiten mit 2 Kabinettsministern; 
b. das Justizdepartement mit dem „Großkanzler“ 
an der Spitze für die Ausarbeitung der Gesetze und die allge- 
meinen Justizangelegenheiten, neben ihm 3 Minister (für die 
eigentlichen Justizsachen und für Lehnssachen, je einer für die 
miburmnierten und die lutherischen Kirchen-= und Schulsachen; vgl. 
" 1); . 
e. das Generaldirektorium mit nunmehr 8 Mi— 
nistern für die gesamte innere Verwaltung; 
d. das von Friedrich dem Großen 1742 geschaffene besondere 
Ministerium für Schlesien. # 
Dazu kam noch, daß bei dem ausschließlich schriftlichen 
Verkehre des Königs mit den zahlreichen Einzelministerien zwi- 
schen beide eine vermittelnde Stelle, das sog. Kabinett mit 
2 Kabinettsräten trat, die, an Rang den Ministern nach- 
stehend, doch die eigentliche oberste Leitung der Geschäfte erhielten, 
ohne nach außen hin mit irgend welcher Verantwortlichkeit zu 
handeln. Dieser innere Zwiespalt war einer der Gründe für 
den Verfall des preußischen Staates. Vergeblich baten der Mi- 
nister v. Stein und andere noch 1806 den König um Beseitigung 
des Kabinetts. Am 14. Oktober 1806 begann mit der unglück- 
lichen Schlacht von Jena und Auerstädt der Zusammenbruch 
Preußens, und zu Anfang des folgenden Jahres wurde Stein 
in Ungnade entlassen. 
b. Die Stein-Hardenbergische Reform. 
1. Unter diesem Namen wird herkömmlich die noch im Jahr 
1807 einsetzende Neuordnung des Staats zusammengefaßt. In 
Wirklichkeit handelt es sich dabei nicht um ein gemeinsames Werk 
Steins und Hardenbergs, sondern um zwei Reformen, die, zeitlich 
getrennt und von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehend, aller- 
dings einander ergänzten. In der Nassauer Denkschrift vom 
Juni 1807 „über die zweckmäßige Bildung der obersten und der 
Provinzial--, Finanz= und Polizeibehörden“ hatte Stein seine 
Ansichten über die Umgestaltung der Behörden und die Heran- 
- 
 
	        
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