511 § 67. Von der Ausbildung des absoluten Staates usw.
ziehung des Volkes zur Selbstverwaltung entwickelt. Im Oktober
1807 in den Staatsdienst zurückberufen, setzte er das bereits im
Entwurfe von einer Kommission ausgearbeitete Edikt vom
9. Oktober 1807, betr. den erleichterten Besitz und
den freien Gebrauch des Grundeigentums sowie
die persönlichen Berhältnisse der Landbewohner,
für den ganzen Staat in Kraft. Es gewährte die Freiheit im
Grundstücksverkehr und in der Wahl des Gewerbes und beseitigte
so die ständischen Unterschiede; außerdem leitete es die Bauern-
befreiung ein, durch Aufhebung der Gutsuntertänig-
keit vom Martinitage 1810 ab. Die Steinsche Städte-
ordnung vom 19. November 1808 führte den Grundsatz der
Selbstverwaltung ein (Wahl von Stadtverordneten durch die
Bürger, des Magistrats durch die Stadtverordneten). Die Neu-
ordnung der obersten Behörden und der Regierungen hatte er
vorbereitet, als er infolge eines von Napoleon aufgefangenen
Briefs am 24. November 1808 den Staatsdienst abermals ver-
lassen mußte. In seinem Rundschreiben an die Verwaltungs-
behörden, seinem sog. politischen Testamente, wies er
auf das Erreichte und die noch zu lösenden Aufgaben hin, nament-
lich auf eine allgemeine Nationalrepräsentation als den einzigen
Weg zur Erweckung und Belebung des Nationalgeistes. Das
auf Stein folgende Ministerium Dohna-Altenstein vermochte die
Verwaltungsreform des flachen Landes nicht durchzuführen und
scheiterte an der Unfähigkeit, die finanzielle Notlage zu beheben.
2. Im Juni 1810 berief daher der König den von liberalen
Anschauungen beeinflußten Harden berg. Im Anschluß an
das Publikandum vom 16. Dezember 1808 erzing die Kgl V.
vom 27. Oktober 1810 über die veränderte Ver-
fassung aller obersten Staatsbehörden. Sie ord-
nete einen Staatsrat, der aber erst durch V. vom 20. März
1817 eröffnet wurde, unter dem Vorsitz des Staatskanzlers —
nach Hardenbergs Tode (1822) nicht mehr ernannt — an und
regelte eingehend die Wirkungskreise des Kabinetts und der fünf
Ministerien (Inneres, Finanzen, Justiz, Auswärtiges, Krieg).
Zur Sicherung der Einheitlichkeit der Verwaltung bestimmte die
KabO. vom 3. Juni 1814 die Vereinigung der Minister unter
Hardenbergs Vorsitz im Staatsministerium.
Die Provinzialbehörden wurden, nachdem schon
das Publikandum vom 26. Dezember 1808 vorgearbeitet hatte,
durch die Kgl#. vom 30. April 1815 wegen verbes-
serter Einrichtung der Provinzialbehörden ge-
ordnet (5 Militärabteilungen, 10 Provinzen, 25 Regierungs-
bezirke — diese an Stelle der früheren Kriegs= und Domänenkam---
mern —, Land= und Stadtkreise); die Landesjustizkollegien („Regie-
rungen“, S. 512) waren unter Durchführung des Grundsatzes
der Trennung von Justiz und Verwaltung zu Oberlandesgerichten
geworden (über die spätere Entwicklung der Gerichtsverfassung
vgl. Z3. I § 56, d). Als Anlage enthielt die Kgl#L. vom
30. April 1815 die „Einteilung des Preußischen Staats