§ 67. Von der Ausbildung des absoluten Staates usw. 515
nach seiner neuen Begrenzung“. Die Verschmelzung der königlich
preußischen Staaten zu einem Einheitsstaat als Folge der Neu-
organisation kam darin zum Ausdrucke; ermöglicht war sie
durch die Auflösung des alten Deutschen Reichs (S. 189).
Nicht minder wichtig war die Hardenbergsche
Finanz= und Wirtschaftsreform. Bereits 1810 ergingen
die auf französisch-westfälischen Mustern fußenden Edikte über
die neuen Konsumtions= und Luxussteuern, die Gewerbesteuer und
die Stempelsteuern. Gleiche Behandlung aller und Einführung
der Gewerbefreiheit waren die Grundgedanken dieser liberalen
Reform, die freilich infolge ständischer und sonstiger Widerstände
durch mehrere Edikte des Jahres 1811 etwas eingeschränkt wurde.
Die Befreiung des Bauernstandes nach der ding-
lichen Seite wurde angebahnt durch die beiden Edikte
vom 14. September 1811, betr. die Regulierung
der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, und
zur Beförderung der Landkultur; über die Einzel-
heiten und den weiteren Verlauf vgl. die Deutsche Rechts-
geschichte.
Das Heerwesen erfuhr einschneidende Veränderungen;
das große Jahr 1813 zeitigte die Verordnungen über die Bil-
dung von Landwehr und Landsturm, worauf 1814 das neue
Wehrgesetz die allgemeine Wehrpflicht durchführte.
c. Die Entstehung der preußischen Verfas-
sungsurkunde.
1. Wie Steins politisches Testament (S. 514), so sah auch
Hardenbergs Reform als Schlußstein die Bildung einer National-
repräsentation vor. Nachdem bereits 1808 die Provinzialstände
bei der Veräußerung der Domänen zugezogen worden waren,
wurde (Staatskanzler von Hardenberg) in dem Edikte vom 27. Ok-
tober 1810 über die Finanzen des Staats eine „Zweckmäßig ein-
gerichtete Repräsentation“ verheißen und dies Versprechen im
Edikte vom 7. September 1811 und in der das Staatsministerium
betreffenden Kab O. vom 3. Juni 1814 (S. 600) wiederholt.
6 Auf dem Wiener Kongresse verlangte Preußen vergeblich
die Aufnahme einer Vorschrift in die Bundesakte, wonach in
allen Staaten eine Vertretung aller Klassen des Volks bei ge-
wissen Regierungsakten zuzuziehen sei. Durch Art. XIII der
Deutschen Bundesakte vom 8. Juni 1815 wurde nur bestimmt:
„In allen Bundesstaaten wird eine lanbständische Verfassung
stattfinden", ohne daß übrigens hierbei und bei den vorange-
gangenen Verhandlungen Klarheit über den Unterschied zwischen
dem alten Ständestaate (S. 87) und dem modern-konstitutio-
nellen Staate bestand. In Preußen erging schon vorher eine
Verordnung vom 22. Mai 1815, betr. die zu bil-
dende Repräsentation des Volkes. Aus den wieder-
herzustellenden oder neu einzurichtenden Provinzialständen sollte
die Versammlung der Landesrepräsentanten gewählt werden, deren
Wirksamkeit sich auf die Beratung der Gesetze erstrecken sollte,
„welche die persönlichen und Eigentumsrechte der Staatsbürger