Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

524 § 69. Die Verfassung. 
fassung des Deutschen Reichs in Elsaß-Lothringen? Die 
preußischen Gesetze von 1866 und vom 18. Februar 1891 
(Helgoland) setzen ausdrücklich einen Zeitpunkt des In- 
krafttretens der Verfassung in den neuen Landesteilen fest, 
während z. B. das PrG. vom 12. März 1850, betr. die 
Vereinigung der Hohenzollernschen Fürstentümer mit 
Preußen, über die Einführung der PrV #. keinerlei Be- 
stimmungen enthält. Gleichwohl gilt das preußische Ver- 
fassungsrecht auch dort gemäß dem Grundsatze, daß bei 
Einverleibungen neuer Gebiete in einen Einheitsstaat 
der Staatseinheit die Verfassungseinheit entsprechen muß 
(ogl. S. 530). 
d. Die Pr Bu. und das Verfassungsrecht. 
Wie die RV. (S. 204), enthält auch die Pr Vll nicht 
nur (materielles) Verfassungsrecht, und umgekehrt ist 
nicht das ganze materielle Verfassungsrecht in der Pr VU. 
niedergelegt. Art. 109 erhält ausdrücklich die bestehenden 
Gesetze und Verordnungen, soweit sie der Pr Vll. nicht 
zuwiderlaufen, in Kraft. 
So sind noch staatsrechtliche Vorschriften des ALR. über das 
Gewohnheitsrecht in Geltung 6 B. Einl. z8 3, 4; vgl. 
ferner das Publikationspatent zum ALR. vom 5. Februar 1794 
Ziff. VII; durch AGBGB. Art. 891 nur für das bürgerliche 
Recht außer Kraft gesetzt), und diese verfassungsrechtlichen Be- 
stimmungen des ALR. haben nach dem zu c. Ausgeführten Gel- 
tung im ganzen Staatsgebiete. 
1. Gegen das geschriebene Verfassungsrecht ist bei 
Zugrundelegung der Vorschriften des ALR. Einl. §88§ 1 ff. (vyl. 
L. 1I8 46 1 8) die Bildung sowohl allgemeinen als partikulären 
Gewohnheitsrechts völlig ausgeschlossen. In Ergän- 
zung des Gesetzes (praeter, nicht contra legem) wird parti- 
kuläres Gewohnheitsrecht vom ALR. zwar anerkannt; seine Zu- 
lassung ist aber auf dem Gebiete des Verfassungsrechts 
unmöglich, weil in dem zu einer verfassungsmäßigen Einheit 
verbundenen Staatskörper nicht örtlich verschiedene Verfassungs- 
grundsätze gelten können. Für das Verwaltungsrecht ist 
dieser Grundsatz nicht durchschlagend; denn wie die verschiedenen 
Städte-, Landgemeinde= usw. Ordnungen zeigen, ist verwaltungs- 
rechtlich eine verschiedene Behandlung der einzelnen Landesteile 
sehr gut möglich. Vgl. noch Recht 14 337. · 
2. Ob die erwähnten Vorschriften des ALR. auf das Ver- 
fassungsrecht anwendbar sind, ist allerdings bestritten, z. B. von 
G. Meyer, der das Gewohnheitsrecht als Kuelle des Staatsrechts 
an sich anerkennt. Andere wollen dem Gewohnheitsrechte für 
das Verfassungsrecht, manche selbst für das Verwaltungsrecht die
	        
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