§ 74. Der König. 555
verzicht vor Anfall der Krone muß als statthaft an-
gesehen werden; er ist unwiderruflich und wirkt nur für
die Person des Verzichtenden; doch gehen auch hierüber
die Meinungen auseinander. Abgetreten werden kann
die Krone nicht, wie bereits im pactum Fridericianum
(S. 552) hervorgehoben ist.
c. Die Rechte des Königs.
Über die Rechte des Königs von Preußen als Deut-
schen Kaisers vgl. S. 244. Dem König als solchem stehen
zu: Regierungs-, Ehren= und finanzielle Rechte.
1. Regierungsrechte.
a. Dem König allein steht die vollziehende
Gewalt zu. Er ernennt und entläßt die Minister
(S. 595). Er befiehlt die Verkündigung der Gesetze
(S. 577) und erläßt die zu deren Ausführung nötigen
Verordnungen (Art. 45, vgl. ferner S. 149). Er hat die
Kammern zu berufen, zu schließen, aufzulösen und zu
vertagen (Art. 51, 52; S. 581).
a. Ein wichtiges Attribut der vollziehenden Gewalt ist das
sog. Organisationsrecht, d. h. das Recht, Errichtung, Sitz,
Zuständigkeit und Zusammensetzung der Behörden zu bestimmen.
Das Organisationsrecht der Krone ist mithin nur insoweit be-
schränkt, als es nach besonderer Bestimmung im Wege der Ge-
setz gebung, also unter Mitwirkung der Kammern, ausgeübt wer-
den muß. Dies ist namentlich der Fall:
1) wenn bei Errichtung oder Veränderung von Behörden
die Finanzen des Staats in Mitleidenschaft gezogen werden,
wegen des Budgetrechts des Landtags; wgl. unten S. 685;
2) bei Veränderung oder Aufhebung solcher Behörden, deren
Errichtung durch Gesetz erfolgt ist oder deren Bestand auf
Gesetz beruht, weil ein Gesetz nur durch ein Gesetz aufgehoben wer-
den kann. Ob die Kgl V. vom 27. Oktober 1810 über die ver-
änderte Verfassung aller obersten Staatsbehörden als Gesetz zu
erachten ist, ist streitig, aber zu verneinen, so daß die Organisa-
tion der Ministerien zum Bereiche der Regierung gehört;
3) wenn Veränderung oder Aufhebung von Behörden aus-
drücklich nur dem Gesetze vorbehalten ist, so z. B. der
Gerichte. — über die Organisationsverordnungen wgl. S. 148.
b. Als Inhaber der Staatsgewalt besetzt der König nach Art.
47 alle Stellen im Staatsdienste (mterbesetzungsrecht),
sofern nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.
1) Bei Ausübung des Amterbesetzungsrechts ist die Krone
aber inso weit an Gesetze gebunden, als nur solchen
Personen Amter verliehen werden dürfen, welche den gesetz-
lichen Vorbedingungen zur Erlangung des betreffenden