8 75. Der Landtag. 567
b. Das Herrenhaus.
1. Die Rechtsgrundlagen.
Nach den Art. 65—68 der PrVU. in der ursprüng-
lichen Fassung vom 31. Januar 1850 sollte die Erste
Kammer, die nach der oktroyierten Verfassung eine Wahl-
kammer war, außer aus geborenen und aus vom König
ernannten Mitgliedern auch aus 120 gewählten Mit-
gliedern bestehn. Das PrG vom 7. Mai 1853 setzte
die Art. 65—68 jedoch außer Kraft und an deren Stelle
die Bestimmung: „Die Erste Kammer wird durch
Königliche Anordnung gebildet, welche nur durch ein mit
Zustimmung der Kammern (also nicht durch Notverord-
nung, S. 578) zu erlassendes Gesetz abgeändert werden
kann. Die Erste Kammer wird zusammengesetzt aus Mit-
gliedern, welche der König mit erblicher Berechtigung
oder auf Lebenszeit beruft“. Hierzu erging die KglV.
vom 12. Oktober 1854 wegen Bildung der Ersten
Kammer, ergänzt durch die die Bildung der Verbände des
alten und des befestigten Grundbesitzes und die Aus-
übung des Präsentationsrechts betreffende KglV. vom
10. November 1865.
Die Gültigkeit der V. vom 12. Oktober 1854 ist oft an-
gezweifelt worden unter der — unzutreffenden, auch durch die
Praxis stets widerlegten — Ausführung, daß Gegenstände, die
ihrer Natur nach dem Gesetzgebungsgebiet angehören, nur ge-
meinschaftlich von allen drei Faktoren der Gesetzgebung geregelt
werden könnten, die Übertragung dieser Aufgabe an einen von
ihnen demnach unzulässig sei. Auch insoweit die Verordnung
für bestimmte Fälle (S. 569) ein Erlöschen der Mitgliedschaft
vorsieht, unterliegt ihre Gültigkeit keinem begründeten Bebenken.
Denn die im Gesetze vom 7. Mai 1853 angrordnete Berufung „auf
Lebenszeit“ bezweckte hauptsächlich, eine Berufung auf bestimmte
Zeitdauer auszuschließen.
2. Die Zusammensetzung.
a. Das Herrenhaus besteht nach der KglV. vom
12. Oktober 1854:
a. aus den großjährigen Prinzen (also den
mehr als 18 Jahre alten, S. 563), sofern dieselben, was
bisher noch nicht geschehen ist, vom Könige berufen
werden (dem Staatsrate — S. 603 — gehören sie da-
gegen ohne weiteres an);