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nicht nur dann, wenn sie die Verfassung selbst ändert, sondern
auch in den Fällen, wo die Verfassung den Weg der ordent-
lichen Gesetzgebung oder die (vorherige) Zustimmung der
Kammern ausdrücklich vorsieht (z. B. Art. 941, 65—68), dagegen
nicht schon da, wo die Verfassung ein Gesetz schlechthin erfordert
(streitig); denn die Notverordnung hat Gesetzeskraft. Ob im
Falle der Versagung der Genehmigung die Notstandsverordnung
von selbst ihre Kraft verliert (v. Rönne, G. Meyer), ist streitig;
nach der herrschenden Meinung (Schwartz, Dernburg, Arndt)
ist die Regierung verfassungsmäßig verpflichtet, die Notstands-
verordnung sofort außer Kraft zu setzen, sie bleibt aber bis da-
hin in Kraft und muß vom Richter angewendet werden (Art. 106,
unten 6; anders Els.-Lothr. Verf. 8 23 II, S. 484).
4. Der Landtag hat das Recht der Information,
d. h. die Befugnis, Kommissionen zur Untersuchung von
Tatsachen zu ernennen (Art. 82). Ob das Recht sich
nur bezieht auf Gegenstände, welche den Kammern zur
Beschlußfassung vorliegen, oder ob Art. 82 den Kammern
ein uneingeschränktes Untersuchungsrecht z. B. auch gegen-
über Maßregeln der Regierung gibt, ferner ob die Kam-
mern zur selbständigen Ermittelung befugt oder auf die
Vermittlung des Staatsministeriums angewiesen sind, ist
bestritten. Allgemein zugestanden und nach Maßgabe
der Geschäftsordnungen praktisch geübt aber wird das
Recht, Interpellationen an die Regierung zu
richten; Auskunft über eingehende Beschwerden kann jede
Kammer schon nach Art. 81 III verlangen.
Interpellationen müssen bestimmt formuliert und
im Herrenhause von 21, im Abgeordnetenhause von 30 Mit-
gliedern unterzeichnet dem Präsidenten überreicht werden. Dieser
teilt sie dem Staatsministerium mit und fordert dasselbe in der
nächsten Sitzung zur Erklärung darüber auf, ob und wann es
die Interpellation beantworten werde. An die Beantwortung
der Interpellation oder der Ablehnung darf sich eine sofortige
Besprechung des Gegenstandes (aber keine Antragstellung oder
Abstimmung, anders jetzt im Reichstag, S. 254) anschließen,
falls im Herrenhause 30, im Abgeordnetenhause 50 Mitglieder
darauf antragen (Herrenh GeschO. § 51, Abg#esch O. 88 33 ff.).
5. Der Landtag hat das Recht der Initiative,
PrVu. Art. 64: „Dem Könige sowie jeder Kammer steht
das Recht zu, Gesetze vorzuschlagen“, ebenso „Amen-
dements“, d. h. Abänderungen zu eingebrachten Gesetzen
zu beantragen. Auch hat jede Kammer für sich das Recht,
Adressen an den König zu richten (Art. 81 I).