Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

588 8 76. Die Verwaltung. Einleitung. 
im Gewerberechte (S. 329) berührt ist und aus den ferneren Aus- 
führungen noch weiter erhellen wird. Die Entscheidung hängt 
davon ab, ob die Errichtung der Anstalt wesentlich um des Ge- 
winns willen oder aber aus Gründen des öffentlichen Wohles. 
erfolgt ist (vgl. S. 329). Freilich wird auch dieser Maßstab mit- 
unter versagen (vgl. K##G. 88 3 II, 4 II). So kann ein städtisches. 
Wasserwerk entweder als privatwirtschaftliches Unternehmen oder 
als öffentliche Anstalt errichtet werden (O#G. 62 241, Min Bl. 
f. d. i. V. 11 353); der letztere Fall liegt natürlich dann vor, 
wenn die Gemeinde zur Errichtung aus sanitären Rücksichten 
nach § 35 II des Reichsseuchen G. (S. 411) angehalten worden ist. 
a. Die öffentliche Anstalt ruht auf öffentlichrecht- 
licher Grundlage. Grundsätzlich lebt sie auch nach öffent- 
lichem Rechte, was aber eine teilweise gesetzliche Unterstellung 
unter das Privatrecht nicht ausschließt (z. B. der Beförderungs- 
geschäfte der Post und der Eisenbahn, des Geschäftsverkehrs öffent- 
licher Kreditanstalten; der u. a. von Kormann verwendete Be- 
griff der „öffentlich rechtlichen Anstalt“, die — im Gegen- 
satze zur „öffentlichen Anstalt" — zwar auch öffentlichrechtlich 
organisiert ist, aber nicht öffentlichrechtlich genutzt wird, ist 
wenig kennzeichnend). . 
8. Das Wesen der öffentlichen Anstalt besteht 
einmal in ihrem Übergewicht über die privaten Interessen; daher 
ist eine Klage auf Einstellung des Betriebs aus privatrechtlichen. 
Gründen unstatthaft (R#. 73 270), vielmehr höchstens ein 
Entschädigungsanspruch gegeben (vgl. S. 543, L. III 88 18 15, 
31 44 und NGZ. 73 272; 79 427). Die Anstalt übt ferner eine 
besondere Anstaltsgewalt (Anstaltspolizei, Anstaltsdisziplin) 
aus, kraft deren sie Hindernisse bei der Erfüllung ihrer Bestim- 
mung zwangsweise beseitigt oder mit Hilfe der Polizei beseitigen 
läßt; es kann also eine preußische Universitätsbibliothek die 
Polizeibehörde ersuchen, einen Verleger zur Lieferung des Pflicht- 
exemplars durch Verwaltungszwang (S. 652) anzuhalten (S. 429, 
OVG. 36 434). Da die Anstaltsgewalt öffentliche Gewalt ist, so- 
bestimmt sich im allgemeinen das Verhältnis zwischen der Anstalt 
und ihren Benutzern nicht nach den Regeln über den privatrecht- 
lichen Vertrag, sondern nach öffentlichem Rechte. Die Vergütung 
für die Benutzung ist regelmäßig als öffentlichrechtliche Gebühr, 
die der Beitreibung im Verwaltungszwangsverfahren unterliegt, 
ausgestaltet (KAEG. #41, wegen des Kaiser-Wilhelm-Kanals f. 
S. 396), und die Anstalt haftet dem Benutzer nicht aus dem Ver- 
trage; deshalb ist dem Anspruch eines Studenten auf Rück- 
gabe der bei der Immatrikulation eingereichten Zeugnisse der 
Rechtsweg verschlossen (DJ Z. 11 1279). Ausnahmslos sind die 
hier entwickelten Grundsätze weder von der Gesetzgebung (Fracht- 
vertrag der Eisenbahn, HGB. 8§8§ 453 ff.), noch von der Recht- 
sprechung und der Rechtslehre durchgeführt. Das Reichsgericht 
insbesondere hat wiederholt unter Verwertung des Begriffs 
des Quasikontrakts (L. II § 2) Klagen gegen den Fiskus zuge- 
lassen (RGZ. 51 219; 67 336: Verlust von Gegenständen, die
	        
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